Yoga vs Kath.Messe
Yoga - Fernöstliche Entspannungstechnik
Mit hängender
Zunge erreiche ich den Yogakurs, nachdem ich mich von meinen Kochtöpfen und Staubfetzen
losreißen kann und per Veloziped im Nieselregen den Ort der vermeintlichen
Entspannung betrete. Ich schüttle alles, was nass ist, von mir, grüße
freundlich die bereits auf ihren exakt platzierten Matten sitzenden Damen und
den einen Herren, der immer in der letzten Reihe seine Asanas verrichtet
(vielleicht damit er die Verrenkungen aller vor ihm sich befindlichen Damen
genauestens beobachten kann) und schlüpfe in mein Trainingsgewand, während ich
ein Gespräch zweier Kolleginnen über ihre Enkelkinder in der Umkleidekabine
mithören muss. Es ist ja schließlich nichts lähmender als Erzählungen über
fremde Kinder. Was die nicht mit 10 schon alles können, was die mit 10 nicht
schon alles sind, wie die mit 10 nicht clever, gewieft und zum Teufel noch mal
einzigartig agieren. Allerdings weiß ich jetzt nicht, ob der Fratz 10 Monate
oder 10 Jahre alt ist. Sollte besser zuhören, denke ich mir und begebe mich mit
den noch in den Ohren klingenden Geschichten auf meine Matte, die vom
vorherigen Babyturnen etwas mit Öl und Spuke angeschlatzt ist und werfe mein
eigenes Riesenbadetuch sowie mein Yogapolsterl darüber, in der Hoffnung, dass
die Sache nicht etwa plötzlich verrutscht und ich dann den Speichel (oder gar
noch andere Körperflüssigkeiten!) von irgendeinem fremden Kleinkind im eigenen
Mund habe. Weiters hoffe ich, dass die Yoga-Einheit bald beginnt, denn die
Wortfetzen, die so durch den Raum fliegen, will ich eigentlich auch gar nicht
hören: Da ist vom Rauchfangkehrer die Rede, der heute zu einer Kollegin kommt,
da wird das letzte Wochenende durchbesprochen, wie schön’s doch auf der Alm
war, da kommen Jammereien von den Unter-Hundertjährigen, wie verzweifelt sie
seien, dass sie jetzt immer so ein leichtes Ziehen im Knie hätten, da wird die
gesamte Society der Stadt zerlegt und schließlich fängt wieder irgendeine an,
von ihren Enkerln zu erzählen. Ich weiß, dass ich jetzt runterkommen sollte,
ich weiß, dass mich das alles gar nichts angeht und ich eigentlich zur Erbauung
und Entspannung hier bin und dennoch steigt es in mir hoch: ich bin wahrscheinlich
um die Hälfte jünger als die Kniejammernde und habe bereits jetzt ein
künstliches Gelenk, es ist mir weiters piepschnurz, was die ganze „gehobene“
Gesellschaft so treibt, außerdem juckt es mich mit keiner Faser, ob zu
irgendwem heute der Rauchfangkehrer kommt und das Thema mit den Enkerln hatten
wir ohnehin schon mal durch.
Endlich
beginnt unsere Yogalehrerin, die sanfte Musik immer lauter werden zu lassen,
was ein Zeichen dafür ist, dass wir unsere Schnäbel halten und uns sammeln
sollten.
Pinocchio hängt am Fädchen
Wir setzen uns aufrecht hin, denken uns
einen Faden auf unserem Kopf, der uns hinaufzieht, richten die Wirbelsäule auf,
atmen mit einem tiefen Atemzug aus, schließen die Augen und beginnen mit der
Energieatmung: Wir atmen ein, zählen bis acht, heben den Beckenboden und lassen
die Energie über die Wirbelsäule bis ganz nach oben in den Kopf wandern, der
noch immer von einem unsichtbaren Faden aufrecht gehalten wird. Sieben, acht –
ausatmen – Beckenboden lockerlassen, zwei, drei, …. Mir wird schwindlig.
Schon bei der ersten Einheit, ich atme hastig dazwischen, hyperventiliere, ein
leichter Hustenreiz macht sich bemerkbar, ach, vielleicht sollte ich doch
weniger rauchen, mir schmeckt’s ja gar nicht so b‘sonders, einatmen,
Beckenboden hochziehen, verdammt, ich krieg keinen hoch, mein ganzes
Untergestell bleibt innen wie außen dick und fett im Yogapolsterl picken, ich
weiß nicht mehr, ob ich ein- oder ausatmen muss, außerdem bin ich mir nicht
sicher, ob ich nicht den Herd zuhause versehentlich auf kleiner Flamme
eingeschaltet habe lassen, einatmen,
drei, vier, fünf – Beckenboden loslassen, ausatmen, so- und jetzt macht jeder
in seinem eigenen Atemrhythmus weiter. Ich hyperventiliere erneut, meine
Knie beginnen unangenehm im abgewinkelten Zustand zu stechen und der rechte Fuß
beginnt einzuschlafen. Hoffentlich sieht niemand meine schwarzen Wuzerln, die
zwischen den Zehen von den Socken kleben, die muss ich später dann irgendwie
unauffällig entfernen. Sieben, acht…
wo war ich stehengeblieben? Ah ja, ich konzentriere mich auf meine Wirbelsäule,
neben mir schnauft eine, als ob sie mit ihrem Beckenboden ganz was anderes
hochzieht, ich glaub, die übt schon für den Rauchfangkehrer… so, und wieder loslassen, wir beenden die
Übung mit einem tiefen Atemzug, öffnen wieder die Augen und spüren der Übung
nach. Ich habe vergessen, den Müll in die Tonne zu schmeißen, das Sackerl
stinkt jetzt vor der Haustür vor sich hin, schießt es mir beim Nachspüren ein, da
freu ich mich, dass heute die Sonne nicht scheint, sonst …Halleluja!
Wie tief kann man sinken?
Wir schütteln die Beine aus und stehen
langsam auf. Schulterbreiter Stand, Becken leicht kippen, Knie angewinkelt, nun
lassen wir uns Wirbel für Wirbel hinuntergleiten und berühren mit unseren
Händen neben unseren Füßen den Boden. Und
wir sinken tiefer. Ich schaue nach hinten und denke, ich kann nicht mehr
tiefer sinken, außerdem kommt mir vor, der Typ starrt uns Damen jetzt sicher
auf unsere Gesäße und kriegt Stielaugen, was natürlich auch so ist. Zweiteres
zumindest. Und die Äuglein quellen nicht etwa aus männlicher Neugier hervor,
sondern weil ihm das Blut selber so sehr in den Kopf schießt. … Pada hastasana… und immer weiter nach unten beugen, wir spüren ein leichtes Ziehen in
der hinteren Oberschenkelmuskulatur … ja, das spüre ich. Von leicht kann
allerdings keine Rede sein, auch von der hinteren Oberschenkelmuskulatur
alleine nicht. Es zieht überall, als ob ich Schwerter drinnen stecken hätte:
die Schultern renke ich mir fast aus, die Waden spannen, die Füße wollen nicht
am Boden bleiben und im Kreuz tut sich auch einiges. Apropos Füße: die Wuzerln,
die Wuzerln – jetzt ist die Gelegenheit, meine Sockenwuzerln zu entfernen. Nur
wohin damit? Mit einem schmerzhaften Ruck nähern sich meine Hände den
Störenfrieden und das Stechen auf besagten Stellen erlebt seinen Höhepunkt. Wir geben das rechte Bein zurück, schauen
schräg nach oben und drücken das Bein soweit zurück, bis wir einen sanften
Druck auf den Hüftbeugern spüren. Uuuuaaaahhh Hüftbeuger, Wuzerln, keine
Ahnung, wo ich die jetzt hingeschmissen hab, die kleben jetzt wahrscheinlich am
Babyöl unter meinem inzwischen heillos verrutschten Handtuch, die Hüftbeuger
ziehen, die Hände brennen am Boden, den Kopf krieg ich kaum mehr hoch. Meine
Güte, ich hab heute meiner neuerdings vegetarischen Tochter die kalten
Schnitzerl von gestern in eine Semmel gefüllt und als Jause mitgegeben, fällt
mir grad so ein … und ein letztes Mal
nach hinten strecken und ausatmen, dann kommen wir sanft in die Rückenlage … mein
Kreuz, mein Kreuz, heiliger Bimbam, mein Kreuz, da muss ich jetzt etwas
schummeln und mit Brachialkraft meinen müden Leib auf die ranzige Matte fallen
lassen. Plumps. Nun heben wir die Beine
zum halben Schulterstand und tief ein- und ausatmen, weiter zurück in den Pflug. Was soll ich heute kochen? Nudeln?
Reis? Erdäpfel oder was Süßes? Und was dazu? Ujujujui, mir drückt’s den
Brustkorb ordentlich zusammen, auch hinter mir hör ich die ersten stöhnen,
manche klatschen schon wieder mit voller Wucht auf der Unterlage auf, noch ehe
ein erlösendes Wir gehen langsam heraus
aus dem Pflug und wechseln zum Fisch kommt. Darin bin ich gut, diese zwei
Übungen kann ich, denk ich noch so bei mir und merke, dass ich mir eigentlich
hätte ein anderes Leiberl anziehen können, dieses rutscht nämlich in ungeahnte
Höhen hoch und gibt Schmerbauch und BH-Unterseite frei. Wurscht is es a...
Den Blick nach innen gerichtet
Außerdem sollten wir uns alle auf uns selber
konzentrieren und eigentlich die Augen geschlossen halten. Eigentlich. Aber
wenn wir schon dabei sind, wage ich halt auch mal einen verstohlenen Blick auf
meine Nachbarin, die für ihr fortgeschrittenes Alter wirklich noch gut
beieinander ist, was mich etwas neidisch werden lässt. So, wieder zurück zu
mir. ….Bauchlage, Hände in Schulterhöhe
aufstützen und NUR mit den Rückenmuskeln den Kopf hochziehen, nicht die Hände
dabei verwenden… Bhujangasana – die Kobra. Rückenmuskeln? Fehlanzeige. Die
Beine drehen sich irgendwie hinten mit, der Kopf ist so schwer, das kann ich
gar nicht in Worte fassen und ich weiß jetzt gar nicht, wie viele Schulstunden
mein Ältester heute hat. Der hat doch noch was von Nachmittagsunterricht
geschwafelt. Da ist es nicht g’scheit, Palatschinken zu machen, die werden ja
dann so gruselig dürr, bis der zuhause ist … und ausatmen. Ich klatsche mit dem Mund auf die Baby-Öl-Matte,
erhasche noch ein Frotteefranserl meines Badetuchs und kann mich gerade noch
ins Trockene retten. Meine Zehen krampfen irgendwie spastisch, ich muss mich
jetzt erst mal auslockern. Wir gehen über
in den Drehsitz. Dies ist eine sehr verdauungsfördernde Übung, die erste
Kollegin hüpft auf und rennt aufs WC, ihr folgen eine zweite und ein
Gruppen-Lachflash.
Einkaufsliste nicht vergessen!
Und heiß ist’s auf einmal da herinnen, so heiß, um Himmels
willen, bald hätt‘ ich’s vergessen: ich brauche noch eine Vignette, Toilettenpapier ist zu kaufen, Druckerpatronen und ein Düngemittel für meine
Zimmerpflanzen … Die Heuschrecke - fünf, sechs, sieben, acht und ausatmen,
Christine! Tuast nimma mit? Wo waren wir jetzt stehengeblieben? Ups, hat
die meinen Namen gesagt? Ah ja! Die Heuschrecke, hat die nicht was von der
Heuschrecke gesagt? Ja! Bin schon wieder bei der Sache. Jo, Halleluja, mein
Kreuz! Ich sehe mich im Raum um, kann das sonst auch niemand? Leider doch,
alles voller reifer Heuschrecken rund um mich herum, Gottesanbeterinnen könnte
man fast sagen. Hab ich eigentlich letztens beim Drogeriemarkt meinen Kunden-Card-Bonus
eingefordert? Das muss ich unbedingt machen, noch bevor er verfällt, das
Quartal ist ja bald aus … und dann gehen
wir mit einem tiefen Seufzer in die Endentspannung, Shavasana. Wir lassen alles
los. Du darfst loslassen und sein, wie du gerade bist. Dein Körper, deine
Gedanken dürfen sein, wie sie gerade sind. Lass die Welt sich ruhig ohne dich
drehen, geh in dein Inneres, dort drinnen ist so viel, du schöpfst die Kraft
aus deinem Inneren, nur so kannst du auch im Außen etwas bewegen…da fällt
mir Karl Valentin ein: „heute mache ich mir eine Freude und besuche mich
selbst“. Der war immer lustig mit seinen „Semmelnknödeln“, oder soll ich heute
Knödel machen? Mit Kraut? Oder mit Linsen – ah, nein, die isst ja wieder keiner
… du entspannst dein Gesicht, deine Stirn
ist glatt wie ein See… nein, ist sie nicht, die ist faltig, da fegt ein
Sturm übern See, die krieg ich weder im Außen noch im Inneren wieder so hin wie
sie mal war, ich weiß nicht, wieso immer ICH so ausschau, meine Stirn hat
bereits ein Karomuster, da könnten meine Kinder ihre Mathe-Aufgabe drauf
machen… und außerdem bin ich mir nicht sicher, ob ich die Bescheide nicht
gestern eh schon geordnet und ausgedruckt habe. Und die Schnitzelsemmel hab ich
ja eh dem Kleinen in die Schultasche gepackt, jetzt fällt’s mir wieder ein. Nicht
meiner Möchtegern-Vegetarierin. Ich glaub, das passt eh alles, alles ist gut,
alles ist gut… du stehst im roten Licht
des Regenbogens, das Licht strömt aus der Erde über deine Füße hinauf in deine
Mitte und gibt dir Wärme, Kraft und Energie…. Chrrrrrrrrr …… Himmel! Hab
ich jetzt geschnarcht? Bin ich jetzt eingeschlafen? Bei welcher Farbe ist sie?
Schon beim Indigoblau, wo ich noch immer nicht weiß, wie das aussieht. Muss ich
mal googeln, warum vergess ich das zuhause immer? … und du spürst wieder die Matte, auf der du liegst und reckst und
streckst dich wie eine Katze. Du bist wieder im Hier und Jetzt. Ja, mir
fehlt ein großer Teil, vom Hier, vom Jetzt und vom Vorhin auch. Da war ich wohl
wirklich im Träumeland.
Schlaf, Kindlein, schlaf.
Ich schaue mich um, meine Kolleginnen liegen dick
eingepackt unter ihren Decken, es sieht fast aus wie eine Notschlafstelle,
langsam rühren sie sich, langsam erheben wir uns alle wieder und machen mit den
Worten „Om Namah Shivaya“ die dafür vorgesehene abschließende Hand- und
Kopfbewegung. Soll ich jetzt noch was einkaufen gehen oder hab ich noch einen
Salat zuhause? Ich werde doch wieder mal Nudeln machen. Und die Enkerl von
meiner Kollegin zur Rechten, mein Gott, die sind wirklich lieb, stimme ich ins
allgemeine Raunen ein und der Kollegin, die den Rauchfangkehrer erwartet, lasse
ich in der kleinen Umkleidekabine den Vortritt, damit sie ihn ja nicht verpasst
und dann stimm ich noch ein in die
Lobgesänge über das schöne Wetter, das einen ja so verleitet zum vielen
Wandern, dann steig ich im Nieselregen auf mein Rad und wackle gen Heimat.
Mein Gott, was
war das heute wieder für eine entspannende Einheit. Ich fühle mich pudelwohl.
Nirgends kann ich so gut abschalten, alle Gedanke fallen lassen und einfach nur
ICH sein wie beim Yoga!
Christliche Tradition: Die Hl. Sonntagsmesse
Frühmorgens
stolpere ich mit meinem von mir geschobenen Rad über den Friedhof vorbei an
einem Bettler in die Kirche, die mich mit ihrem herrlichen Duft nach Kerzen,
ihrem herrlich nass-kalten Ambiente empfängt. Das Volk sitzt bereits, als ob es
sich schon gestern hier herein gesetzt hätte, alle sind startklar. Es rührt
sich keiner. Ich hoffe, die leben alle noch. Ich versuche den anmarschierenden
Rotz in der Nase zu behalten, weil ich eben mit Schrecken erkenne, dass ich wieder
einmal kein Taschentuch mithabe, ich ziehe hoch, was die Akustik in den
heiligen Hallen hergibt und scheine nach dem dritten Mal gewonnen zu haben.
Es riecht nach
Mottenkugeln. Die Dame vor mir dürfte ihren Mantel heute wieder das erste Mal
ausführen. In diesem Jahr das erste Mal, meine ich. Riechen tut er, als ob sie
ihn schon 68 Jahre lange trägt.
Einzug:
Der
Priester tritt ein, das Volk erhebt sich, wir singen „Zu dir, o Gott, erheben wir die Seele“ (GL Nr.462). Da mich dies
nicht sonderlich befriedigt, beginne ich mit meinem morgendlichen
Übungsprogramm: Festigung des Gluteus maximus und vastus lateralis (Gewicht auf
rechts verlagern, den Fuß in den Boden hinein verlängert denken, als ob ein
Spitz in die Erde getreten werden würde). Gluteus schmerzt. Ich webere unnötig
am Stand herum. Das Knie quietscht. Nimm
du hinweg der Sünde Schuld, mit unsrer Schwachheit hab Geduld.
Endlich! Wieder niedersetzen.
Heute
ist Sonntag, was werde ich da noch alles anstellen? Mich fadisieren, so wie
immer. Soll ich heut‘ auf Facebook was posten? Aber was bloß? Kyrie: Das
Lied, „Herr, erbarme Dich“ (GL Nr.
463), reißt mich mit und aus meinen Gedanken und ich wippe mit meinem Vorfuß,
trainiere somit den Soleus, wodurch sich auch das Articulatio genus wieder
besser bewegen lässt. Jetzt krieg ich schön langsam „Spatzen“, jetzt lass ich’s
lieber sein. Der Pfarrer geht nahtlos über zum eigentlichen Fitnessprogramm:
Gloria:
„Gott, in der Höh’ sei Preis und Ehr’“
(GL Nr. 464) folgt auf den Fuß, niedersetzen, aufstehen, niedersetzen,
aufstehen – Der Rectus femoris wird phantastisch mittrainiert. Du wohnst im Licht des Vaters, Amen. Niedersetzen.
Aufstehen. Niedersetzen.
Aufstehen zum Evangelium:
Und was sorgt ihr euch um
eure Kleidung? Lernt von den Lilien, die auf dem Feld wachsen: Sie arbeiten
nicht und spinnen nicht. Doch ich sage euch: Selbst Salomo war in all seiner
Pracht nicht gekleidet wie eine von ihnen. Mt 6, 28-29, Na ja, das erzähl mal der Dame im Mottenpelz vor mir!
Ich glaub, die taut jetzt irgendwie auf – und riecht. Nicht nach Lilien.
Niedersetzen.
Predigt:
Wer glaubt,
man kann während der Predigt nichts machen, der irrt: Der Musculus puboccygeus
lässt sich super hochziehen – ausatmen, senken – einatmen, hochziehen –
ausatmen, senken – einatmen. Oder war’s umgekehrt? Wie machen es die Yogis? Wie
machen es die Christen? Wie macht es die Christine am besten und vor allem: was
hat er nochmals schnell gesagt, der Herr Pfarrer?! Da war doch sicher was fürs
Leben dabei. Mist. Hat der Pfarrer schon mal Sex gehabt? Oder hat der am End
noch mehr als ich?
Wandlung:
Durchs Knien und den gleichzeitigen Aufbau einer Körperspannung trainiere ich
den Rectus abdominus und den Serratus anterior, was nicht heißt, dass ich dies
lange durchstehe, denn auf dieser harten hölzernen Bank wird es bald zur
Riesenqual. Ich webere hin und her, ich bete zu Gott, dass der Pfarrer
schneller macht, es nützt alles nichts, ich muss mich der Blamage hingeben und
auf der Stelle aufstehen. Die Mottenkugel vor mir kniet noch immer, allerdings
hat sie ihr Gesäß an der Hinterbank angelehnt. Die schummelt.
Der
gesellschaftliche Höhepunkt der heutigen Messe folgt sogleich:
Friedensgruß:
Handgymnastik „Der Friede sei dir, der
Friede sei mit dir, der Friede sei mit dir“ – Handshake, Smile, Drehung
links, Handshake, Smile, Drehung rechts, Vorbeuge. Niedersetzen. Schweißhände,
verlegene Gesichter, leise, getragene Stimmen. Ob der Bettler draußen schon
mein Radl gestohlen hat?
Aber dann wird’s locker: Kommunion.
Trab, Trab, Schritt, Schritt. Ich mag das nicht, das
Herumgehen vor den Leuten. Ich gehe aber. Eine fällt vorm Pfarrer auf die Knie.
Auf den harten Marmorboden. Wie die wieder hochkommt, ist mir persönlich ein
Rätsel. Sie tut es aber. Andere wechseln die Schlange, weil sie nur aus des
Priesters Hand die Hostie empfangen wollen. Unfassbar. Ich möchte jetzt aber
nicht alles zu Fuß heimgehen müssen, wenn der Bettler wirklich….
Nach dem
Veranstaltungskalender und einer Einladung zum Pfarrcafé, zu dem die
Mottenkugel einen Kuchen beigesteuert hat, erfolgt der Auszug: „Christus, unser Licht“ (GL Nr. 845) –
noch einmal strammgestanden, Gewicht auf beide Körperhälften verteilt,
Beckenboden und Po hochziehen, Bauchmuskeln aktivieren, Füße tief in den
Kirchenboden drücken, Hände falten. Gehet
hin in Frieden. Mein Rad ist noch da. Dank
sei Dir, o Herr! Amen.
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