Nicht alles, was stinkt, ist Käse.


AMSAlles Macht Spaß


Erkenntnis des Tages: Nicht alles, was stinkt, ist Käse.

Was soll ich machen? Beruflich, meine ich. Die Kinder sind aus dem Gröbsten raus, weshalb ich keine Ausrede mehr habe, nicht wieder arbeiten zu gehen. Aber was? Jobs in Büros für Schnuckerl wie mich gibt’s selten bis nie. Schon gut. Ich bin am Arbeitsmarkt nicht das Gelbe vom Ei, das weiß ich. Auf den ersten Blick auf jeden Fall nicht. Dass viel mehr in mir steckt, weiß leider nur ich. Aber wer will schon eine abgetakelte Bürotante, die ihre Fratzen alleine groß zieht, 20 Jahre offensichtlich gar nichts Produktives für die Wirtschaft geleistet hat und dann noch dazu vor sich hin hinkt, sodass man ihr nur leichte Tätigkeiten zumuten kann?

Ich könnte einen Blog schreiben.

Das wäre die Alternative. Aber eher eine Traumvariante.

Deshalb schleppe ich mich eines schönen Tages zum AMS.  Den Blog könnte ich ja noch später mal anfangen. Oder dazwischen, so nebenbei.

Zimmer 2-Punkt-Was?


Ich werde schnell bedient, brauche mich kaum anstellen, gebe mein Innerstes preis, man fragt nach allem, was ich habe bzw. nicht mehr und schon werde ich mit 3 Zettelhaufen in den zweiten Stock komplimentiert. Um 10:25 Uhr müsste ich dort sein. Wird sich ausgehen, die vier Stiegen da rauf, denk ich mir noch und kann meinem Wirrwarr an Zetteln entnehmen, dass ich in Zimmer 2.002 – A erwartet werde. Dort findet sich ein Schild, dass der „10:25 Uhr-Termin“ bei Raum 2.009-B Platz nehmen sollte, was ich nach einer kurzen Orientierung auch mache. Am Gang lungern Leute herum, von denen man nicht recht weiß, ob sie Zimmer, Küche, Kabinett in ihren bunten Taschen eingepackt haben oder bloß vorher beim Lebensmitteldiscounter vorbeischauten. Ich klopfe um Punkt 10:25 Uhr bei Zimmer 2.009-B, werde akkurat hereingebeten und muss erfahren, dass ich in den ersten Stock gehöre, da es sich bei der Mitteilung auf Raum 2.002-A um einen Schreibfehler handelte und es richtig Raum 1.009-B heißen müsste. Auf ein Neues: 2 Stiegen abwärts, neue Orientierung – ich schwinge meine lahmen Hufe, der Zettelhaufen fliegt zu Boden bei der dritten Flügeltür, die keine ist, wie ich erst später feststelle, als ich in der Horizontalen nach meinen Dokumenten suche. Ein Stich im Kreuz – L4 – auweh, ja ich kenn das! Aber ich lasse mir nichts anmerken, suche tapfer weiter nach meinem Ziel und werde auch bald fündig.

In der Warteschleife....

Ich setze mich in die Wartezone, ein attraktiver Herr nimmt neben mir Platz. Was heißt attraktiv… er hat Zähne, er hat geschnittene Nägel und die Haare dürfte er sich auch in den letzten 3 Wochen mal gewaschen haben. Ob er allerdings die „dass“-Schreibung beherrscht, wird man noch separat herausfinden müssen, denn das ist ein absolutes Kriterium bei meiner Partnerwahl, das erfüllt werden will. Aber so vom ersten Drüberschauen her würd’s passen. Was will man mehr? Ich hab meine Ansprüche ja schon auf ein Minimum herabgeschraubt. Wir sehen uns an, er hat schöne Augen, ich lächle errötend. Das kann doch nicht wahr sein, oder? Da hätt‘ ich ja zwei Fliegen auf einen Schlag erledigt: habe Aussicht auf einen Job und gable mir nebenbei noch meinen Traummann auf? Kann denn das mir passieren? So viel Zufall und Glück auf einmal?

Cheeeeeeese - einfach nur lächeln

Er nimmt gegenüber von mir am Tischchen Platz und spricht etwas. Er spricht! Der hat Mumm! Der redet mich einfach an…. Leider verstehe ich nicht, was er sagt, denn es beginnt ein Gemurmel der besonderen Art, das er – plötzlich gebückt unter dem Tisch verschwindend – in den Untiefen seiner Füße fortsetzt. Mein „wie bitte?“ ändert nichts am Gesprudel, das unter der Tischkante hervorkommt. Binnen ein paar Sekunden taucht sein Kopf, der mir jetzt gar nicht mehr so gewaschen vorkommt wie noch gerade eben, wieder auf und in der Hand hält er – nein! keine Blumen, oder so – seine Schuheinlage! Er legt sie auf den Tisch vor meine Nase und begutachtet sie akribisch. Danach beginnt er mit seinen gar nicht mehr sooo gepflegten Fingernägeln darauf herumzukratzen, sie zu biegen und eine kleine Delle auszubügeln. Und schwups – schon ist er samt Einlage wieder unter dem Tisch verschwunden. Mir wird etwas mies, handelte es sich doch eindeutig gerade um ein olfaktorisches Attentat. Ehe ich aber noch überlege, ob ich als Antwort laut rülpsen sollte, fährt sein Schädel wieder hoch und er strahlt mich zufrieden an. Mit Zahnreihen eines Einjährigen – Himmel, wie konnte ich mich schon wieder so täuschen?


Big brother is watching you


Ob der Gute die „dass“-Schreibung beherrscht war anschließend nicht mehr Gegenstand meiner Ermittlungen, denn ich wurde zeitgleich in den Raum 1.009-B gerufen und eine Dame mit einer bunten Brille und Bugs Bunny-Zähnen  (aber alle vollständig!) begrüßt mich mit der Frage: „Sagen Sie, haben Sie eine anerkannte Behinderung?“ Wusch. Ein Schlag ins Gesicht! Gehe ich jetzt schon so auffällig, dass die 5,6 Dioptrien-Bebrillte nicht wenigstens bis zum vierten, fünften Satz damit hinter dem Berg halten kann? Oder hat sie das aus ihren Unterlagen? Big brother is watching you. Als ich ihr erkläre, dass ich eine 60 Prozentige Behinderung habe und Anspruch auf einen geschützten Arbeitsplatz, winkt sie ab und meint, sie wäre für mich dann auf keinen Fall zuständig, sie müsse mich an die Kollegin weiterleiten, der nächste Termin wäre in 2 Monaten, ich solle wieder nach Hause gehen und weshalb ich das nicht früher gesagt hätte. Wusch.

Wieder nix....


Jetzt schickt die mich heim. Ich möchte einen Job – und einen Mann. Na ja, das mit dem Mann, der Käsefuß-Imitator von vorhin, kann ich mir ja wieder aus dem Kopf schlagen. Aber das mit dem Job? Ja, ist denn die verrückt? Ich möchte Angebote, Tipps, Vorschläge für Schulungen, Informationen etc. Aber sie spricht nicht mit mir. Bugs Bunny bleibt stumm. Sie unterhält sich nicht mit einer Behinderten. Sie ist dafür nicht zuständig.

Ich geh dann mal wieder, sie ruft Käsefuß zu sich. Der hinkt nicht. Der hat ja eine tadellose Schuhsohle, die sitzt wie angegossen.

Und ich werde doch eher einen Blog schreiben, oder?

Kommentare

  1. Christine, du bist zum Schreien komisch. Ich liebe deinen Humor, danke, dass du mir heute die cornetto-zusatzlektüre gegeben hast......
    bussi, bis bald!

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts aus diesem Blog

Psychotherapie in der Schneiderei

Overthinking oder: die Gedanken sind frei.

Nachtblind - von Hasen und Karotten