Die Natur schlägt zurück.
Woche drei, nachdem es mich dereinst ausgehakt hat: beide Scharniere an den Füßchen kurz mal in die falsche Richtung gezogen und schon bin ich lahm- und stillgelegt. Ein Bewegungsradius wie der einer Weinbergschnecke ist mir seitdem eigen, die Beinchen sehen immer noch aus, als ob mich jemand gefoltert hätte und statt eines sinnlichen Duftes ziehe ich Nicht-Steroidalen-Antirheumatika-Geruch hinter mir her. Und je länger die Misere dauert, desto mehr merke ich: es juckt mich mit keiner Faser mehr. Ein „mir-is-deis-wurscht-Gefühl“ hat von mir Besitz ergriffen. Loslassen vom Feinsten.
Da ich ja
kaum zur Hausarbeit oder Systemerhaltung fähig bin – außer kochen und essen tu
ich nicht viel, aber das ist mir äußerst wichtig! – beginnt nun schön langsam
die Natur, sich sowohl Haus als auch Garten zurückzuerobern:
In so gut wie
allen Ecken hausen ganze Spinnenclans mit ihren lieben Babys, auch die
Großeltern hab ich schon gesichtet, und im Licht der Sonne schimmern ihre Weben,
die vielleicht vorher auch vereinzelt da gewesen waren, mir aber nie besonders
ins Auge stachen. Nun seh‘ ich sie überall – aber es juckt mich nicht.
In der Küche findet
wieder mal die alljährliche Ameiseninvasion statt, die mich sonst immer auf die
Palme bringt: auch diese juckt mich heuer nicht.
Und die
Tierfriedhöfe auf den Fensterbänken und im Wintergarten sind mir sowieso egal.
Ich kann diese Welt ohnehin nicht retten.
Im Garten
geht’s noch viel wilder zu, da wachsen etwa neben der Mülltonne plötzlich
Rainfarn, Oregano und Schafgarbe, welche sich scheinbar aus Samen oder
Wurzelwerk aus der Biotonne vermehrt haben und weil sie nun in Ruh gelassen
werden, gedeihen sie einfach prächtig. „Manches wird erst gut, wenn wir es gut
sein lassen“, heißt es, und deshalb dürfen Flora und Fauna jetzt bei mir tun,
was sie wollen.
Im hinteren
Garten sprießen Klee, Gänseblümchen und Margeriten, der Giersch ist bereits
abgeblüht und bildet feine Samenstände aus, das Zinnkraut hält den ganzen Hang
kompakt und die Wicken schlingen sich um die anderen Pflanzen und bilden
magische Fenster und Durchgänge. Kein Jucken, kein Ziepen, es gefällt mir
sogar.
Das Hochbeet
wurde von einer Monster-Zucchinistaude erobert, die in wilder Konkurrenz mit
Gurken und Kapuzinerkresse steht und sämtliche Kräuter völlig verdrängt hat. Wenn
man den Schnittlauch sucht, muss man zuerst die Petersilie finden, die unter
dem Luststock wächst und sich mit eigenartigen Schwammerln angefreundet hat.
Und ja – erraten! Was juckt mich der Schas, das Grünzeug soll sich das selber
ausmachen.
Aber bei all
diesem Loslassen nach dem Motto „Gott gebe mir die Gnade, mit Gelassenheit Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu
unterscheiden“ kommt mir doch ein bisschen vor, meine Lebensgeister haben mich
noch nicht ganz verlassen und hie und da juckt’s mich dann sehr wohl und ich
glaube: I’ll be back soon, Leute!
Weil – seien wir uns ehrlich: bei mir hat die Natur eh schon immer getan,
was sie wollte, ich hab nur jetzt eine gute Ausrede, weil’s auch heuer wieder aussieht
wie bei Hempels unterm Sofa …. Oder zumindest wie in der Villa Kunterbunt, so
übertreiben brauche ich ja auch nicht.
A Traum,i hau mi ob!!!LG aus Kärnten T.🤗
AntwortenLöschendanke, freut mich, dass ich dich erheitern konnte😀, viele Grüsse zurück aus der Steiermark
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