Bussi Bussi


Busseln – eine Frage der Körpergröße?


Das Busseln – ich persönlich mag’s ja nicht. Ok. Ich mag recht viel nicht, das wird mir immer klarer. Bin eine „Anti“, ich weiß. Aber das blöde Busseln ist ja wirklich ganz umsonst, oder? Und ich rede hier nicht von heißen Zungenspielen mit feurigen Liebhabern, da wär ich natürlich sofort dabei – nein! Ich rede von dieser albernen Bussi-Bussi-Manier, die mich schon mein Leben lang verfolgt und, so scheint’s, immer gesellschaftsfähiger wird. Manchmal komm ich mir vor wie bei den Franzosen in „La Boum – die fete“, da gab man schon vor 37 Jahren jedem Wildfremden zur Begrüßung ein Bussi links und ein Bussi rechts. Dabei weiß ich noch immer nicht, ob die Richtung überhaupt passt. Muss man nicht zuerst rechts und dann links? Oder vielleicht sogar noch eine dritte Richtung dazunehmen? Also nicht „Richtung“, ich meine damit, man muss doch manchmal dann wieder bei jener Wange aufhören, bei der man angefangen hat. Die Relativitätstheorie ist der reinste Lercherlschas dagegen…

Wehret den Anfängen


Schon in jungen Jahren quälte man mich, irgendwelchen Dahergelaufenen ein „Schnufi“ oder „Schnoferl“ zu geben, man musste schließlich das Kaffeekränzchen bei Tantchen irgendwie über die Runden bringen – und das konnte sich ziehen! Igitt!

Schlimmer wurde dann die Phase, als reihenweise Männer fortgeschritteneren Alters mit Bauchhose von einem „Zwickerbussi“ schwärmten und ich jahrelang keine Ahnung hatte, was das überhaupt ist, was natürlich inkludiert, dass ich mich erfolgreich dagegen gewehrt habe und mit meinem Hinkebein gelaufen bin, was das Zeug hielt. Dass es sich dabei um das vermeintlich liebevolle Zusammenzwicken der Wange, gepaart mit einem Kuss auf den Mund, handelt, und dies keineswegs angenehm ist, versteht sich von selbst. Brrrrrrr

Die nicht ganz so gamsigen Pensionisten gaben sich immerhin mit einem „Ei-L“ zufrieden. Ei – Ei – Wangerl reiben, bewaldete Fettbacke an kindlich-frisch-saftig-steirisches Apfelgsichterl. Ach, lasst’s mich doch alle in Ruh‘ mit Euren vertrottelten Bräuchen!

Aber dann ging's erst richtig los!


Diesen ganzen Albernheiten entwachsen geglaubt zu sein, geht’s aber nun erst so richtig los: jetzt muss ich reihenweise FRAUEN küssen - bei jeder Gelegenheit gibt man sich ein Bussi rechts, ein Bussi links – die ganz hartgesottenen Weiber küssen einander sogar auf den Mund – auch schon erlebt….

Man küsst die beste Freundin (ich werde nach diesen Zeilen kein Bussi mehr kriegen oder im schlimmsten Fall keine Freundinnen mehr haben, das ist mir hiermit bewusst geworden….), man küsst die Nachbarin, man küsst die Tante, man küsst die Nachbarin der Tante, man küsst die Mutter der Freundin und im schlimmsten Fall auch noch deren Mutter samt Freundin, man küsst, … man küsst …ich warte auf den Tag, wo ich die Lebensmittel-Verkäuferin halse, weil die Gurken wieder mal soooo perfekt in einer Reihe liegen, der Apothekerin aus Dankbarkeit ein Busserl geb, wenn sie mir wieder mal das Darmreinigungsmittel mit verstohlenem Blick über den Tresen reicht oder wenn ich die Beraterinnen bei Bank und Versicherung mit Bussi Bussi begrüß, weil mit denen muss man sich ja ohnehin gutstellen. Der Tag wird kommen und ich schmus die Kinokartenabreisserin, die Toiletten-Frau, die Taxichauffeurin und die Briefträgerin ab, ihre Dienstleistungen sind schließlich nicht zu unterschätzen…

Ohrenschmaus


Warum ich offensichtlich solche Probleme mit der Busslerei hab? Das ist ganz pragmatisch erklärt: Ich bin zu groß! Zu groß zum Busseln! Meine Gesamtlänge überschreitet das Durchschnitts-Weiberl um einiges, dito mein Gesichtsdurchmesser samt Haarumfang. Und daraus resultieren dann die massiven Kuss-Probleme: Um zum Gesicht des kleineren Weibchens zu gelangen, muss ich mich blitzartig bücken – solche Rituale müssen ja schnell und geschmiert vor sich gehen -  gehe dabei aber nicht in die Knie, sondern mache ein extremes Hohlkreuz und strecke mein hängendes Gesäß wie eine Ente in den Wind, wobei ich zeitgleich mit dem Oberkörper versuche, das Kussobjekt in entgegenkommender Weise zu erhaschen. Habe ich dies geschafft – und frage nicht, welches Bild ich da oft auf Fotos von diversen feierlichen Anlässen abgebe – muss ich abrupt abstoppen, um mit meinem großen Gesicht nicht das ihrige zu verfehlen und statt der Wange einen Kuss in ihr wertes Ohr gebe. Nicht erst einmal ist es mir passiert, dass ich ein Frauenohrwaschl im Mund hatte. Beruhigend an der Sache ist natürlich, dass es die gesellschaftlichen Gepflogenheiten nicht von mir verlangen, auch noch mit der Zunge zu agieren, sonst könnte ich mich als unentgeltlicher Ohrenschmalz-Ausputzer bewerben. Die Wattestäbchenindustrie wäre am Ende. Und ich hätte einen zukunftssicheren Job.


So manche riecht nach Rosenwasser,
so manche stinkt nach Geld aus Kassa.
Eine riecht nach Kellermotte,
die and’re nach der „flotten Lotte“.
Jene stinkt nach Schnitzelfett,
diese nach dem warmen Bett.
Die hier riecht verdammt nach Rauch,
das tu ich manchmal leider auch…
Manche müffelt aus dem Mund,
manche riecht nach ihrem Hund.
Eine hat nen Lauch gegessen,
die and’re kommt vom Fiebermessen.
Rotzi Rotz und viel Hatschi,
des richt’ge Busseln lern i nie!

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Psychotherapie in der Schneiderei

Overthinking oder: die Gedanken sind frei.

Nachtblind - von Hasen und Karotten