Tierische Rache

Wie heißt es so schön? „Karma hat ein Gedächtnis wie ein Elefant“ oder in meinem Fall: wie ein ganzer Schwarm Schmetterlinge. Es begab sich nämlich blöderweise in meinen Adoleszenz-Jahren, als ich noch hie und da dieses Getier sprichwörtlich im Bauch hatte, dass ich in meinem ersten Garten eine beachtliche Ansammlung an Brennnesseln samt ekelerregenden schwarzen Raupen entdeckte, was in meinen unreifen Augen ein gar grauenvolles Bild mit kleinem Ungeziefer abgab, das es galt auszurotten.

Oh mein Gott! Welch großer Fehler, welch großer Irrtum! Es handelte sich dabei nämlich um die Raupen von Schmetterlingen, die allesamt wunderbare Tagfalter hätten werden sollen. Und die es sowieso nicht leicht haben auf dieser Welt, weil es nur noch wenige Brennnesseln gibt. Kaum traue ich es mich zu sagen, womit ich mich schuldig gemacht habe: Ich lief zur Garten-Nachbarin und machte sie auf diese vermeintlichen Schädlinge aufmerksam, woraufhin wir gemeinsam beschlossen, in Ermangelung eines Insektenvernichtungsmittels mit Haarspray den Biestern den Garaus zu machen.

Böser, böser Fehler. Die Schmetterlinge – mögen sie in Frieden ruhen – haben sich das nämlich sehr gut gemerkt und triezen mich seitdem mit tierischen Plagen, wohin das Auge reicht. Karma eben.


Pünktlich im Frühling kommen jedes Jahr die Ameisen in mein Haus und bringen mich zur Verzweiflung. Sogar ein Kammerjäger musste mal gerufen werden, um nicht in einem Ameisenhaufen oder besser noch in der Klapse aufzuwachen, so sehr haben mich diese Viecher getriggert. Nun habe ich als Versöhnung einen Pakt mit ihnen geschlossen: ich tue ihnen nichts mehr, sie dürfen in meinem Garten, auf der Terrasse und im Carport machen, was sie wollen, doch sie müssen meinen Wohnbereich verschonen. Und das tun sie. Klappt schon seit einigen Jahren. Die lassen ja offensichtlich mit sich reden.

Oder – auch immer sehr pünktlich – zu Sommerbeginn, bauen sich Wespen abwechselnd in meiner Hütte oder in meinem Strandkorb einen beachtlichen Kobel, den ich oft lange nicht bemerke und dann zu entfernen versuche, selbstverständlich unter lauten hysterischen Schreien meinerseits und mit so schnellen Schritten, wie es meine Beinchen sonst kaum schaffen würden. Ich sehe diesen meinen Eingriff als Empfängnisverhütung, nicht als Mord und bitte die Wespen inständig, sich ein anderes Plätzchen für ihren Nachwuchs zu suchen. Um des lieben Friedens willen. Manchmal sind sie dann auch artig (und keusch).

Und die anderen Tierchen? Was machen die? Ich bin mir sicher, die wurden mir alle von den toten Schmetterlingsseelen geschickt. Die Gelsen zum Beispiel haben nämlich nichts Besseres im Sinn, als ihre Brut in das bisschen Gießwasser zu legen, das ich immer für meine Tomaten parat habe, die Blattschneiderbienen bauen unter meinem Allerwertesten im hohlen Rahmen des Terrassensessels ihr Nest, die Amseln streuen meinen ganzen Eingangsbereich mit getrockneten Gras- und Zweigbüscheln voll, die Nachbarskatze sitzt schnurrend und sabbernd in meinem Bett und der Nachbarshund leckt mir regelmäßig in unanständiger Weise meine Füße ab - bei aufrechter Allergie meinerseits gegen beiderlei Kreaturen, wohlbemerkt.

Eine Fliege, eine einzige dumme Fliege quält mich seit Tagen, indem sie sich ständig auf mein Gesicht setzt und ein ganzer Clan an Ohrschlüpfern hat sich’s in einem Gartenbesen gemütlich gemacht. Und weil’s so lustig ist, hat mich unlängst auch noch irgendein undefinierbares Spinnenvieh gebissen, woraufhin ich drei lange Wochen mit leckerem Antibiotikum wegen Borreliose-Verdacht eingedeckt wurde. 

Aber ich lasse mich nicht ärgern, ich schließe mit all den Tierchen einen Pakt: ich weiß, dass wir alle ein Recht zu leben haben, ich möchte keinem von euch in irgendeiner Weise schaden. Ich respektiere eure Lebensräume, ihr haltet euch, so gut es geht, aus meinen fern. Ist das ok?

Und für die Schmetterlinge halte ich seit zig Jahren immer eine kleine Insel an Brennnesseln bereit, wo sie jederzeit mit ihrer hässlichen Brut willkommen sind. … Denn in meinem Bauch wollten sie ja nicht bleiben.

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