Narrenfreiheit




Masken zu tragen ist primär ja gar nicht so schlecht. Den gesundheitlichen Aspekt jetzt mal außen vorgelassen. Gehen wir nur nach dem Optischen. Wie die Leute jetzt alle hübsch sind, wenn man nur die Augen sieht. Den sogenannten Spiegel der Seele. Herrlich!

Und was man hinter so einer Maske alles anstellen kann…




Ich zum Beispiel fühle eine gewisse Narrenfreiheit und gebe oft meinen Gefühlen ungeniert freien Lauf: wenn sich etwa jemand bei der Kassa vordrängt, schneide ich eine wilde Grimasse, die ich mich in maskenfreien Zeiten niemals hätte machen getraut – vor lauter guter Kinderstube.

Oder wenn ich die Nervige vom Bus sehe, zeige ich ihr unentwegt – stumm, aber sehr deutlich – meine Zunge. Solange, bis sie mir an der Maske picken bleibt. Aber das ist es mir wert. Endlich hab ich dieser Schlampe gezeigt, was ich von ihr halte…

Und weil ich gemerkt habe, dass mich auch die anderen Leute manchmal ziemlich nerven, äffe ich sie jetzt ständig nach, wenn sie sich miteinander unterhalten und sie ihre Verschwörungstheorien und ihr halbseidenes Virologen-Wissen zum Besten geben. Ah bäh bäh bäh bäh bäh…. Unter vorgehaltener Maske selbstverständlich.

Einem jungen Mann, einem richtigen Hottie, der mir unlängst über den Weg lief, schickte ich ein paar unschuldige Busserl nach, man will die Jugend ja nicht verderben und hat ja schließlich Manieren.

Gar noch geiler trieb ich es aber mit einem g‘standenen Mannsbild auf Augenhöhe, indem ich eine äußerst frivole Bewegung mit meinem Zünglein vollführte. Ach, tut das gut! Meine Kinderstube kann mich mal.

Und keiner von denen hat was mitbekommen, das ist das Beste daran.

Oder irre ich mich da etwa? Sind die Augen nicht doch das Fenster zur Seele und jede Bewegung, die man mit seinen ca. 50 Gesichtsmuskeln vollzieht, ist auch in der Augenpartie ersichtlich?

Gott, ist das peinlich, da werd ich mich wohl bei einigen entschuldigen müssen nach der Krise, aber zuerst pfeif ich sicher noch einmal dem g’standenen Mannsbild ordentlich nach und wenn er dann zurückkommt, gehört er mir – für immer, sagt Konfuzius.

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