Pumperlxund?
Frei nach dem Motto: „habe meine Symptome gegoogelt:
es gibt 3 Möglichkeiten - Pest, Borkenkäfer oder die Zylinderkopfdichtung“
zwickt und juckt es mich seit ein paar Tagen im unteren Bauch. Was tun?
Natürlich frage ich nicht Dr. Google, ich bin ja kein Hypochonder, ich doch
nicht. Nein! Ich gehe brav zum Arzt.
Als ich endlich drankomme, werde ich auch gleich
gefragt, ob ich Stress und normalen Stuhlgang hätte. Ersteres nein, zweiteres
ja – aber so genau will das hier vielleicht auch gar keiner wissen (außer der
Arzt meines Vertrauens). Dann muss ich mich auf eine Pritsche legen, wo unten
meine Füße weit hinausragen – sie sind kurz davor, im dahinter befindlichen
Mistkübel zu landen. Sind denn diese medizinischen Liegen alle für eine Puppenküche
gebaut, frag ich mich noch, während der Arzt bereits die Hose öffnet – also
meine, nicht seine! - und mit seinen
kalten Griffeln auf meinem Bauch herumzudrücken beginnt. Je weiter er nach
unten griffelt, desto schmerzhafter und juckender wird die Sache, was ich mit
einem leisem Wimmern quittiere. Sein ernster Blick sagt mir, dass es da was
Gröberes hat und mir steigen die ersten Grausbirnen auf. Deshalb bekomme ich
eine Überweisung für eine Sonographie und die Aufforderung, zum Gynäkologen zu
gehen wegen „abdominaler Schmerzen unklarer Genese“.
Jetzt aber nichts wie nach Hause und rein ins Internet
– allen Unkenrufen zum Trotz muss das jetzt mal mit Dr. Google geklärt werden,
man braucht ja schließlich eine Zweitmeinung. Und die lässt nicht lange auf
sich warten: 46.354 Ergebnisse in 0,3 Sekunden beim Begriff „Bauchschmerzen“.
Die Galle, die Leber, die Milz, der Magen, der Darm und sogar die Nieren, alles
kann es sein; nur nicht die Bauchspeicheldrüse, die tut – selbst wenn man
seinem Schöpfer schon empfindlich nah gekommen ist – nicht weh. Die ist es also
nicht… Die einzelnen Organe werden vom www wieder in kleine
Untergruppen-Krankheiten sortiert, jedes vermag noch einmal ca. 34 verschiedene
Bilder aufzuweisen, die ich in zig Fenstern meines Computers öffne. Dazu gibt
es Foren, in denen sich Leute stundenlang darüber unterhalten, wie schmerzhaft
so ein schlecht ausgedrücktes Wimmerl sein könne, vor allem dann, wenn man
denkt, man hätte dabei die ersten Anzeichen eines Herzinfarktes. Ruhig bleiben,
Chrisserl, ruhig bleiben. Ich gehe mal auf die Seite mit den „Hausmittel-Tipps
aus Omas reichem Erfahrungsschatz“, stoße dabei auf den allseits beliebten
Käsepappeltee und beschließe, mir einen solchen einzuverleiben, ziehe aber auch
noch andere Heilmethoden in Erwägung und mache einen Termin bei einer
Shiatsu-Massage und bei einer Chakren- und Aurakerzen-Energetikerin. Es sei
dringend, schluchze ich durch mein Handy, die Prognose sei ungewiss.
Die Shiatsu-Masseurin hat als erstes Zeit für mich,
sie beginnt mit einer Bauchmassage: der Käsepappeltee gluckst und gurrt, die
dabei entstehenden Luftblasen wollen an die Öffentlichkeit. Mein Unterbauch
juckt. Dann checkt sie meine Meridiane durch, indem sie drückt und wischt und
bohrt – überall tut sie das, bis sie mir prophezeit, es sei entweder eine
Verkühlung im Anmarsch oder meine Bronchien wären von irgendetwas anderem
beleidigt, ich würde doch wohl nicht etwa rauchen, oder? Ertappt! Vor der kann
man aber auch gar nix verbergen! Danach versuche ich aufzustehen, bin jedoch
dermaßen bleiern, dass ich am liebsten an Ort und Stelle einschlafen würde. Das
muss mit meiner schweren Erkrankung im Unterbauch zusammenhängen…
Nach einer wunderbaren Nacht, in der ich schlafe wie
ein Neugeborenes, schleppe ich mich zur Sonographie, wo man mir dankenswerter
Weise einen Notfalltermin um 5:45 Uhr in der Früh gegeben hat. Der Arzt nimmt
schlaftrunken meine inneren Werte genauestens unter die Ultraschall-Lupe,
konstatiert, dass ich einen langen Bauchspeicheldrüsenschwanz habe und
verschreibt mir ein Medikament, welches das Baucherl ein bisschen beruhigen
sollte. Ich hole es mir prompt in der Apotheke, spüle die erste Tablette mit
einer weiteren Schale Käsepappeltee hinunter und warte geduldig auf die Nebenwirkungen,
die 2,5 von 1000 Probanden aufwiesen und die auf einem Beipacktext stehen, der
dreimal so groß wie mein Küchentisch ist: trockener Mund, Schwindel,
Panikattacken, Halluzinationen, Libido-Verlust – dass ich nicht lache! So
gejuckt hat mein Unterleib schon lange nicht mehr und irgendwie kommt mir heute
sogar vor, dass sich der Schmerz auch langsam in eine Art von Lust verwandelt.
Na, habe d’Ehre!
Da kann mir nur noch die Kerzen-Energetikerin helfen,
zu der ich anschließend fahre: sie erzählt mir eingangs einiges über meine im
Zellgedächtnis gespeicherten Blockaden, über Selbstheilungskräfte des Körpers
und über die Liebe zu sich und anderen Wesen. „Hab euch eh alle lieb, tu
endlich was gegen mein Bauchziehen und -jucken“, denk ich mir und ehe ich mich
versehe, brennt ein unter meinem Nabel aufgestelltes Kerzerl lichterloh.
Nachdem die Zeremonie beendet ist, schmiert sie meinen Bauch noch mit einem gut
duftenden Öl ein und hält mich an, heute noch sehr viel zu trinken.
Käsepappeltee, ich komme!
Tags darauf – und dies sollte der Tag der Erlösung in
meinem Unterbauch-Drama werden – starte ich noch meinen letzten Versuch, um
meiner heimtückischen Krankheit Herr zu werden, indem ich zum Gynäkologen gehe.
Ein Einschub- und Wartetermin, versteht sich. 4 Stunden später sitze ich auch
schon mit gespreizten Beinen vor seiner Nase und nach dem üblichen Prozedere,
das ich hier aus Pietätsgründen nicht ausführlich beschreiben möchte, ruft er
mir in die Umkleide-Kabine noch nach:
„Alles in Ordnung, nur gegen den riesigen
Gelsenstich in ihrer Leistengegend sollten Sie was unternehmen, der hat sich
schon ein bisschen entzündet. Nicht dass Sie davon noch Bauchschmerzen bekommen
und am Ende denken, Sie hätten eine schwere Erkrankung!“
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