Hormonstau mit Autokorrektur


Es ist Frühling. Oh, welch ein Frühling! Es treibt und sprießt an allen Ecken und Enden, der Wald ist rauschig und pulsiert durch Blütenstaubejakulat, das mit Stoßwellen in die Täler gepumpt wird. Da kann man doch nicht so einfach ruhig bleiben, oder? Da regt sich auch in mir ein Hormonwirbel, den es gilt, entweder unter Kontrolle zu bekommen oder auf die Balz zu gehen. Habe mich dieses Jahr für letzteres entschieden und tatsächlich! Es hat sich Einer meiner erbarmt. Mario. Mario, meine neue Flamme. Ein vielversprechendes Anpirschen auf Wot-Sepp hat begonnen und wäre unglaublich gut verlaufen, wenn nicht – ja, wenn ich nicht diese verflixte Autokorrektur auf meinem Handy aktiviert hätte. Die ersten Sätze verliefen ja noch ganz gut, ein vorsichtiges Begrüßen, Smalltalk, regionale Wetterberichte blah blah blah. Aber dann…

Mario: „Wie wär’s mal mit einem Kaffee?“

Ich: „Gerne. Wann hast du Zeitung (=Zeit) ?"

Mario: „Wozu brauche ich eine Zeitung??? Ich weiß auch so, dass ich am Mittwoch frei hätte.“

Was schreibt denn der jetzt von einer Zeitung, denk ich mir so nebenbei, verfolge meine Zweifel aber nicht weiter – Männer sind für mich ohnehin wie das Rätsel von Seite 42 aus besagtem Blatt. Ich antworte aber prompt:

„Da müssen wir besser koordinieren, am Mittwoch geht’s nicht, da meditiere ich abends immer.“

Mario: „Du gehst aber ganz schön ran.“

Ich, noch völlig unbedarft, habe keine Ahnung, was er meint, denke mir, der ist aber ein Mimoserl, man darf sich doch wohl in aller Ruhe einen Termin ausmachen und ehrlich sagen, wann es nicht gut klappt. Dann hege ich erste Zweifel an seinem Verstand, vermute, dass er eventuell getrunken hat oder sich vielleicht in 2 Chats gleichzeitig befindet, bis ich einen zweiten Blick auf meine zuvor abgeschickte Meldung werfe. Folgendes hat die Autokorrektur für mich – und zwar nicht gerade zu meinem Vorteil – geschrieben:

„Da müssen wir besser kopulieren, am Mittwoch geht’s nicht, da menstruiere ich abends immer.“

Verdammt! Ich laufe puerrot an, versuche eine Ausrede zu finden, schicke erstmals ein paar Emojis und werfe hinterher:

„Entschuldige bitte - so ein Missverständnis!“

Aus den Smiley- und Tränen-Lach-Emoticons hat mir die Autokorrektur 3 Kackhaufen gezaubert, so schnell kann ich gar nicht schauen und ich muss es wohl nicht extra erwähnen, dass sie aus meiner Entschuldigung folgendes fabrizierte: „Entscheide bitte – so ein Miststück!“

Dann ist mal kurz Funkstille. Mario wird am anderen Ende vom Sepp jetzt wohl kräftig durchschnaufen müssen. Ob er sich jemals wieder fängt? Oder vielleicht gefällt ihm das sogar?

„Du stehst wohl auf Sexting - ich hab’s verstanden - ginge es aber trotzdem, dass wir uns vorher mal auf einen schlichten Kaffee treffen?“, zirpt er virtuell zurück.

Ich – bauernschlau, wie ich bin – versuche nun die Autokorrektur auszutricksen, indem ich einfach auf Englisch umsteige. Ich darf Mario nicht vergrämen, wir müssen es wenigstens bis zum ersten gemeinsamen Heißgetränk schaffen, weshalb ich langsam und bedacht eintippe:

„I think so!“

Mario: „Das turnt mich jetzt zwar nicht unbedingt an, aber dafür gibt’s ja auch Wasser“

Meine Güte! Männer! Wie wirr ist dieser Typ? Was redet der jetzt wieder vom Wasser? Grad wollte er noch einen Kaffee, jetzt ist er schon wieder umgesprungen. So einen flatterhaften Kerl will ich nicht, spukt es durch meinen Kopf, bis mich ein erneuter Geistesblitz durchfährt und ich gewahr werde, dass die Autokorrektur meines letzten Englischen Satzes wieder volle Arbeit geleistet hat:

„I stink so!“ steht nun da – in breitestem Steirisch…


Himmel! Ich muss hier wohl mit offenen Karten spielen und versuche mich ein letztes Mal aus dem Schlamassel herauszuschreiben:

„Lieber Mario, ich werde meine Autokorrektur jetzt beenden, melde mich später wieder.“

„Ich glaube, wir lassen es einfach gut sein“, kommt vom anderen Wot-Sepp Ende und mir schwant Böses, während ich mein Geschreibsel von vorhin nochmals überfliege:

„Lieber Markus (!!), ich werde meine Autoerotik jetzt beginnen, meide mich später wieder“, war mein letzter verhängnisvoller Satz, der wohl oder übel wieder einmal Wirklichkeit bleiben wird.

Ausgebalzt. Nie wieder hörte ich von Mario oder Markus oder wie die verheißungsvolle Liebe meines Lebens immer auch geheißen haben mag...

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