Selbst ist die Frau.

 

Selbst ist die Frau. Das war schon immer mein Motto. Im Allgemeinen und auch was das Handwerkliche betrifft. Ich sehe nicht ein, dass ich irgendwas nicht können und kapieren sollte, nur weil ich kein Gemächt habe. Mit dem schraubt man ja schließlich auch nicht.

Ein Samstag, an dem sich so gar nichts im Terminkalender findet, eignet sich gut für ein paar Arbeiten in Haus und Garten. Ich beginne mal mit dem Durchlüften aller Räume, lasse die klirrend-kalte Winterluft herein und kümmere mich inzwischen um die neue WC-Bürste, deren Verkaufsetikett nur noch abzulösen ist, um dann einsatzbereit zu sein. Leider löst es sich nicht ab und ich stehe im eiskalten Häusl, wo es von links und rechts aufgrund meiner Lüftungsaktion reinzieht. Deshalb beschließe ich, mich in meinem Bett unter die warme Decke zu kuscheln und den Klopemsl gleich mitzunehmen. solang die Fenster noch offen sind. Man hat schließlich mehr Muse, die hartnäckig klebende Etikette runter zu fitzeln, wenn man dabei im Warmen liegen kann. Während ich also mit der Klobürste so in meinem Bettchen hantiere, entgeht mir allerdings, dass der Nachbar von links am Gartenhang steht und mich schon längere Zeit amüsiert beobachtet. Erst als ich die Fenster wieder schließe, schreit er ein belustigtes „Lotta, host einen neuen Liebhaber?“ rüber, was mich peinlich berührt und hurtig im gut durchlüfteten Haus verschwinden lässt. Ein paar Etikettenstückerl samt Strichcode kleben mir in den Haaren. Auch das übersehe ich.


Es folgt ein kleiner Einkauf. Auf der Rückfahrt vom Lebensmittelgeschäft springt mir die Fahrradkette raus, die ich sogleich wieder einzufädeln versuche, dabei mache ich mir die Finger schwarz vom Kettenöl, streife damit über meine Wangen und schaffe es nur mit viel Mühe, meinen Drahtesel wieder in Gang zu bringen. Der Nachbar von schräg gegenüber bleibt mit dem Auto stehen und bietet mir eine Mitfahrgelegenheit an, die ich jedoch ablehne. Sonst noch was. Selbst ist die Frau!

Zuhause angekommen bemerke ich, dass die Haustüre, die schon länger schwer zu schließen und versperren ist, nun gar nicht mehr funktioniert, was mich den Versuch einer Reparatur starten lässt. Ich sammle sämtliche Inbus-Schlüssel zusammen und drehe das Türchen aus den Angeln mit dem ständigen Gedanken: „Mit der Uhr geht’s zua“, was so nicht ganz stimmt und sie sich im Endeffekt gar nimmer schließen lässt, ein Spalt zwischen Dichtung und Rahmen von einem Zentimeter besteht und der Holzrahmen dermaßen knarrt, dass ich den Nachbarn 2 Häuser weiter anrufen muss und seine Hilfe benötige. Eine Niederlage! Selbst ist der Nachbar.

Dieser schraubt mir schließlich mit einer Engelsgeduld das Türchen wieder in seine Angeln und gibt dabei seine obere Gesäßritze bei heruntergerutschter Hose frei.

Resümee des Tages: Mit Klobürste im Bett gelegen, einen Ölbart wie ein Kätzchen, das Haar geschmückt mit Verkaufsetiketten samt Strichcode und den Arsch vom Nachbarn gesehen. Selbst ist die Frau!

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