Woman Day


Im heimischen Kino gibt es des Öfteren einen unter der hiesigen Bevölkerung liebevoll genannten „Woman day“ – einen „Frau-Tag“. Mein Vater pflegt diesen Tag ja in Verbindung mit dem „grossen-Frou-Tog“ („Großer Frauentag“) zu bringen und meint damit den 15. August – Himmelfahrt der Mutter Gottes. In modernen Zeiten, wo alles Englisch spricht und der Feiertag Mitte August höchstens noch zum Autowaschen, Grillen oder zum extracurrikularen Wochenbeischlaf verwendet wird, spricht keiner mehr von Mary, der Gottesgebärerin, sondern jeder weiß genau, dass dies eine Veranstaltung ist, bei der speziell Frauen irgendwelche Leckerlis bekommen, wenn sie sich freiwillig zu einem Event zusammenrotten. „Women’s day“ müsste es eigentlich heißen, aber das sei nur am Rande kluggesch***en. Die offizielle Bezeichnung ist nämlich eh mittlerweile „ladiesnight“, was die Sache nicht besser macht, das sei schon mal verraten. Und dass ich gerne ein Mann sein möchte, das sei auch vorweggenommen.

Nun gut, man sollte ja im Leben (fast) alles mal ausprobieren, wieso dann nicht eine „ladiesnight“. Mit 3 lieben Bekanntinnen und 221 anderen Menschen mit Menstruationshintergrund begebe ich mich nun also ins Kino, es dampft an der Kassa nach Östrogen, es dampft im Foyer nach Östrogen und ganz schlimm dampft es dann im Vorraum zu den Sälen, wo man uns verdächtig lange warten lässt – vor einem Tresen mit Schmuckangeboten von Peter Kurz, an dem man nicht vorbeikann, selbst wenn man es wollte. Die 224 Ladies sind alle tiptop gestylt, nur ich steh da wie ein begossener Pudel mit meinen Waldviertler Schuhen und meinem Rosen-Reserl-Bluserl. Irgendwie kratz ich modisch nie so recht die Kurve, ich lach dafür am lautesten und bin die größte hier im Foyer. Auch was wert. Am Buffet bekommen wir mit unseren Tickets das erwähnte Leckerli, das offensichtlich auf Frauengaumen zugeschnitten ist: ein Gintonic in einer rosa Blechbüchse und ein paar Schokokugerl in einer mit Luft gefüllten Riesenplastikpackung. Wir drücken uns in 215 verschiedenen Parfümewolken durch die Saaltür – 10 Weibsen tragen Naturduft. Mir wird kurz übel. Nachdem sich der Saal bis auf den letzten Plüschsessel gefüllt hat, beginnen nicht etwa Werbungen, Filmteaser oder gar der Film – oh nein! – eine Dame mit Mikro betritt die Bühne, die mir bis dato noch nie in einem Kino aufgefallen ist. Die Bühne meine ich, und nicht die Dame; aber die kenn ich eh auch nicht. Sie begrüßt uns Ladies, stellt sich vor als unsere Peter-Kurz-Beraterin und gibt ein 7-minütiges Verkaufsgespräch über Pretiosen von sich. Und wieder fährt es mir durch mein friedhofsblondes Kopferl: Lieber Gott, warum bin ich kein Mann geworden? Und weil heute ja der Frau-Tag wäre, gebe es auch was zu gewinnen, raunzt sie durchs Mikro. Sie hätte unter einem der 225 Sitze ein Kuvert versteckt und diejenige, die es finden würde, bekäme von ihr eine Überraschung. Blitzartig bücken sich 225 Haarbuschen mit ausgestrecktem Hinterteil unter die Sessel frei nach dem Motto „alle meine Entlein schwimmen auf dem See – Köpfchen unters Wasser, Schwänzchen in die Höh‘!“ Ein paar raunzen beim enttäuschten Zurückauftauchen über Kreuzschmerzen, ein paar bekommen Kreislaufprobleme und nehmen Notfalltropfen, aber nur eine hat schließlich ein Kuvert in der Hand und strahlt über beide Ohren. Die Dame befindet sich exakt in meiner Reihe, ein paar Sitze weiter. Ich atme erleichtert auf, dass nicht ICH die „Glückliche“ bin, denn ich würde sofort in Panikstarre verfallen, müsste ich vor den ganzen Geschlechtsgenossinnen auf die Bühne gehen und mich von allen anstarren lassen. Und was würde ich außerdem mit einem Armreifen anfangen? Der fällt mir beim Abwaschen ja sicher in den Ausguss.

Nach auf Frauen zugeschnittener Werbung (Zeitschriften, kleine Orgasmus-Helferlein, Haarentfernungsprodukte, Damenhygieneartikel, Diätware) und auf Frauen zugeschnittenen Filmteasern aus den Genres Liebe, Tiere und Kindererziehung beginnt nun endlich der Hauptact. Wir prosten uns mit unseren Gintonics zu und nehmen ein Häppchen von unseren Schokokugerln, womit die Packung auch schon leer wäre – allen Unkenrufen nach Diäten und gesunder Ernährung zum Trotz. Das Gesöff hat mehr Kohlensäure als eine ganze Kiste Mineralwasser, bestimmt 12 Zuckerwürfel und schmeckt wie ein Kindersekt. Ich rülpse viermal und überlege, ob ich schon erwähnt habe, dass ich lieber ein Mann wäre. Dann würd’s vielleicht auch was Anständiges zum Trinken geben.


Mamma mia! Das geht ja über keine Kuhhaut. Der Film ist ein Dahingeplätschere ohne jegliche Logik, aber es steht mir nicht zu, hier auch noch eine Kritik zu üben. Aufgrund des hohen Gintonic-Konsums verlassen während der Vorstellung 14 Damen mit kleinen Trippelschritten den Saal Richtung Abort, 5 kehren nie wieder, 7 jammern noch immer über ihren vermeintlichen Bandscheibenvorfall, den sie sich beim Bücken unter den Kinosessel zugezogen haben, 2 singen, mit den Händen wild vor der Leinwand fuchtelnd, lautstark mit und ich kämpfe damit, meine verstärkte Luftblasenaufnahme durch dieses Teufelsgebräu bei sämtlichen Körperöffnungen zurückzuhalten, riechen doch meine Bäuerchen verdächtig nach Salami, die ich zuhause noch schnell mit einer Semmel runterschlang. Eine Zumutung in einem Saal mit 224 Frauen, ich kann’s euch sagen….Und das ist der nächste Grund, weshalb ich lieber ein Mann wäre, da würden SOLCHE Sachen wohl kaum ins Gewicht fallen.

Nach einem Lachflash aus 225 Weiberkehlen, als Cher „Fernando“ zum Besten gibt, hat die Ladiesnight seinen Höhepunkt und gleichzeitig auch ihr Ende gefunden. Ich fahre rülpsend nach Hause und google mal nach, ob ich noch Chancen habe, ein Mann zu werden. Die nächste „Men’s Night“ wartet nämlich schon Anfang August im Kino meiner Wahl.

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