Moderne Elektrogeräte
Mein Vater hat mit Leidenschaft gut (und viel) gegessen. Und langsam. Er war ein Genießer. Und ständig auf der Suche nach neuen Küchengeräten. Mama sollte verschiedene Möglichkeiten kennenlernen. Schließlich war sie es, die am Herd stand. So kam es, dass er meiner Mutter zu jedem festlichen Anlass ein neues Küchengerät schenkte. Einen Plattengriller fürs sonntägliche Hühnchen, einen Toaster für den samtstäglichen Abendtoast oder einen Entsafter für den gesunden Drink zwischendurch.
Beim
Toaster freute sich meine Mutter noch einigermaßen und bereitete uns zig Sandwiches
mit jeder Menge klein geschnittenem Knoblauch und Ketchup zu, die wir
tonnenweise am Samstagabend in uns reinstopften. Beim Plattengriller wurde die
Sache schon schwieriger, denn so ein Hähnchen mit Haut beginnt ja bald mal zu
brutzeln und spritzen und versifft die ganze Küche von oben bis unten mit
dicken Fettspritzern. Deshalb baute mein Vater aus dickem Karton einen
faltbaren Paravent, den er vor dem Grillen aus der Werkstatt holen musste, um
sich anschließend damit in die Küche zu stellen und das wackelige Ding zu
halten, damit es nicht auf das zischende Hähnchen fällt. Da bereute er schon
das erste Mal den Kauf von Elektrogeräten zu Mamas Geburtstag. Denn nach dem
Kirchgang hatte er sich eine andere Beschäftigung vorgestellt als das Halten
seines windschiefen Kartonkonstruktes. Mama gab dazu noch mit jedem Fettspritzer
einen spitzen Schrei von sich, wenn sich trotz der Abdeckung das Fett auf irgendeiner
anderen Stelle der Arbeitsfläche sammelte und unangenehm riechender Rauch
aufstieg. Entspanntes Kochen am Sonntag sieht anders aus.
So
richtig böse wurde die Sache mit den neuen Küchenutensilien aber erst mit dem
Entsafter: dieser Kauf ging nämlich nach hinten los. Und im wahrsten Sinne auch
nach vorne: In der Fleischer-Zeitung „Lukullus“ gab es wöchentlich vom Dagobert
ein Rezept oder einen Haushaltstipp, den sich Mama zu Herzen nahm und
nachmachte. Sie war auf einen Powertrunk gestoßen, der rote Rüben,
Rothollerbeeren und Möhren enthielt. Mit dem neuen Entsafter war er binnen
kürzester Zeit fertig und Mamscherl teilte das Gesöff freudig an alle
Familienmitglieder aus.
Irgendwas
dürfte ihr der Dagobert aber unterschlagen haben, denn Rothollerbeeren roh
genossen sind giftig. Schon bald nach Einnahme ihres Powertrunkes klagten die
erwachsenen Familienmitglieder, wie Omas und Onkel über Bauchkrämpfe und
Übelkeit, wenig später rannten die Ersten bereits auf die Toilette, womit ich
mich aber nicht zufriedengab: ich nämlich spie in hohem Bogen eine dunkelrote
Fontäne auf des Onkels Bettvorleger. Ein Fleckerlteppich, der nie mehr so war
wie früher. Es trank auch nie wieder jemand einen gesunden Saft oder bekam am
Sonntag ein Hähnchen. Wir stiegen dann auf Pferde um. Aber das ist eine andere
Geschichte.
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