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Nachtblind - von Hasen und Karotten

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Es ist Ballsaison. Matura-Ballsaison, um genau zu sein. Jede Woche findet im Umkreis von ca. 70 km eine derartige Veranstaltung statt, die meine Kinder in den Bann zieht. Von jeder Schule scheinen sie plötzlich wen zu kennen und wenn nicht, dann wird eben entweder nur das Motto ausspioniert, die Polonaise inspiziert oder etwaige zärtliche Verbindungen anvisiert. Kurzum: irgendein Kind geht jeden Samstag auf irgendeinen Ball und „glüht vor“ – mit einem Tschippel Leute und bei uns im Haus. Im Normalfall kommt dann die ganze Partie selbständig an den Veranstaltungsort und von dort auch wieder heim. Nicht so letztens: Der Ball findet in einem riesigen Zentrum im Murtal statt, ich und eine andere Mama erklären uns bereit, das angesoffene Gemüse in den Tanzsaal zu chauffieren, zurück würden sie es schon irgendwie schaffen. Es fahren schließlich Shuttle-Busse… kommt ihnen plötzlich vor, als es für einen Rückzieher meinerseits aber zu spät scheint. Mir wäre lieber, nicht fahren zu müssen, de

Psychotherapie in der Schneiderei

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  Es ist bald wieder soweit: ein Maturaball steht vor der Tür. Dieses Mal derjenige meines Kleinsten, der übrigens gefühlte zwei Meter 20 misst, und eine Erzählung über den Anzugeinkauf für so ein „Cornetto“ auch einen ganzen Blog füllen würde. Aber darum geht es hier heute nicht, sondern um meine eigene Garderobe. Die Mutter-Königin muss ja schließlich auch eingekleidet werden. Eine neue Robe muss her, die Kalamitäten mit meiner vorigen sind mir noch zu gut in Erinnerung, weshalb ich dieses Mal von vornherein in ein tolles Geschäft in die Landeshauptstadt fahre, dort auch blitzartig Dank meiner Shopping-Queen-Spürnasen-Tochter fündig werde und nun einen langen Traum in Glitzer und Spitze besitze. Einen etwas zu langen, was bei mir auch eher selten vorkommt. Also ab zur regionalen Schneiderin. Sie sollte die Länge so gestalten, dass ich weder über meine eigenen Hendlhaxn noch über den Stoff stolpere. Vor mir ist bereits eine Dame in der Umkleidekabine zugange, die ein Dirndl nach dem

Geschmäcker und Zeiten ändern sich.

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Es ist mir ein Rätsel, was in den letzten Jahren mit mir passiert ist. Eine Wandlung hat stattgefunden, was meinen Geschmack betrifft, sei es für Essen, Mode, Kunst oder auch für meine Mitmenschen. Was ich mein Leben lang für abscheulich hielt und verteufelte, wird mir immer sympathischer, ja es zieht mich geradezu an. Ist das normal, weil man sich eben ändert und mit seiner körperlichen und geistigen Reifung auch andere Sensoren und Bedürfnisse entwickelt oder bin ich jetzt komplett verloren und hätte ich eigentlich die Pflicht, mir das alles auch quasi wieder abzutrainieren, so peinlich wie sich manches davon anfühlt? Schon als Kind konnte man mich zum Beispiel mit dem Geruch und Geschmack von Zwiebeln in die Flucht jagen – was bei meinen körperlichen Kalamitäten nicht selbstverständlich ist und ich eher dazu neige, in Panikstarre zu verweilen als meine Beinchen in die Hand zu nehmen und davonzulaufen. Auch Dill und Schwammerln gehörten zu den Weglauf-Boostern, später war es dann R

Tierische Rache

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Wie heißt es so schön? „Karma hat ein Gedächtnis wie ein Elefant“ oder in meinem Fall: wie ein ganzer Schwarm Schmetterlinge. Es begab sich nämlich blöderweise in meinen Adoleszenz-Jahren, als ich noch hie und da dieses Getier sprichwörtlich im Bauch hatte, dass ich in meinem ersten Garten eine beachtliche Ansammlung an Brennnesseln samt ekelerregenden schwarzen Raupen entdeckte, was in meinen unreifen Augen ein gar grauenvolles Bild mit kleinem Ungeziefer abgab, das es galt auszurotten. Oh mein Gott! Welch großer Fehler, welch großer Irrtum! Es handelte sich dabei nämlich um die Raupen von Schmetterlingen, die allesamt wunderbare Tagfalter hätten werden sollen. Und die es sowieso nicht leicht haben auf dieser Welt, weil es nur noch wenige Brennnesseln gibt. Kaum traue ich es mich zu sagen, womit ich mich schuldig gemacht habe: Ich lief zur Garten-Nachbarin und machte sie auf diese vermeintlichen Schädlinge aufmerksam, woraufhin wir gemeinsam beschlossen, in Ermangelung eines Insekte

Early bird

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Und manchmal dann … …dann packt mich eine unbändige Lebensfreude, dann könnt ich die ganze Welt umarmen und laut lachen vor Glück. Ist’s der Sommer? Sind’s die Hormone? Oder einfach ein Gewahrsein, dass die Menschwerdung und das Leben per se schon Sinn und Freude genug sind? Und dass wir da alle eh nicht lebendig rauskommen? In der Früh schon, early bird wie ich bin, wache ich kurz nach 4:00 Uhr auf und warte auf das erste Vogelgezwitscher und die Dämmerung. Ich beobachte wie sowohl Licht als auch Ton immer intensiver werden und sich zu den ersten zaghaften Piepsern bald ein ganzer närrischer Chor gesellt, der ein wunderbares Konzert zum Besten gibt. Wo andere ärgerlich die Fenster schließen und den ganzen restlichen Tag auf die Vögel einen Zorn schieben, reiße ich es sperrangelweit auf und genieße die Vorstellung. Und hab eine Freude daran, eine unermessliche Freude. Anschließend ziehe ich mir – denn zum Aufstehen ist’s bei Gott noch zu früh – ein Video über Venedig rein. Jede

Overthinking oder: die Gedanken sind frei.

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  Heut mal ein kleiner Ausschnitt, was sich in ca. 2 Minuten in meinem Hirn abspielt (nur falls dies jemanden interessiert):     …Moi, ich hab schon wieder einen Hunger und mein Kreuz tut weh. Was wird jetzt eigentlich noch alles kaputt? Das Waschbecken ist gebrochen, die Klospülung rinnt und ins Auto hab ich mir auch einen Schas eingetreten. Ein fetter Nagel steckt im linken Vorderreifen. Da passt was mit dem Druck nicht. Macht nix. Ich bin eh gern in Autowerkstätten unterwegs. Ich glaub, bei meinem Blutdruck hat’s auch was. Jetzt gibt’s doch tatsächlich Augentropfen, damit das Augenweiß strahlender und die Augen blauer werden. Spinnen die alle? Oder bin einfach nur ich weg vom Fenster? Und wer hat die neuen Verschlüsse der Milchpackungen erfunden? Ein lactoseintoleranter Alkoholiker, der selber noch nie eine Packung aufgemacht hat? Gebrannte Erdnüsse trau ich mich nimmer essen, da beiß ich mir am End noch meinen teuer bezahlten Keramik-Zahnwandersatz aus, obwohl sie m

Häusl-G‘schichten

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  Die Toilettenspülung rinnt. Leider nicht nur bei aktiver Bedienung, sondern wann immer es ihr in den Kram passt. Mal lässt sie sich durch erneutes, nervöses Tastendrücken stoppen, mal nicht. Da kühlt und wässert sie dann in der Nacht stundenlang die Keramik dermaßen, dass bei der morgendlichen Thronbesteigung mein hängendes Gesäß ordentlich gestrafft wird. Dann zieht sich alles zusammen im Unterg’stell…. Nun gut, genug intime Details – ein professionelles Installationsunternehmen muss her, nachdem ich selber ein paar Tage lang vergeblich versucht habe, in den in der Wand versenkten Spülkasten vorzudringen, den Schwimmer zu reinigen, eine Entkalkung vorzunehmen und mittels youtube-Video nach zwei verzweifelten Weinkrämpfen die Abdeckung wieder raufzuschrauben. Und sie sind auch gleich da, so schnell kann ich am Morgen meine Äuglein gar nicht öffnen: Vor meiner Haustüre stehen sie gut gelaunt, die zwei Installateure wie aus „Bob, der Baumeister“, hüpfen mit ein paar Werkzeugen ins

L17 - voll in Fahrt

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Nun hab ich sie also herausgewuzelt, meine drei Kinder. Zumindest was das Autofahren betrifft. Die „L-Ausbildungsfahrten“ sind doch immer wieder das reinste Vergnügen und stärken die Nervenstränge – oder bewirken das Gegenteil, wie an mir ersichtlich… Zu meiner Zeit, also Neunzehnhundert-Kreisky, hat man sich höchstens 20 Stunden in ein Fahrschulauto gesetzt, was ohnehin schon als Höchststrafe anzusehen war, und nach einer unspektakulären Prüfung wurde man völlig unbedarft wieder ausgewildert. Nicht dass ich diese Praxis von anno dazumal gutheißen würde, es passierte und passiert ohnehin viel zu viel auf den Straßen. Heutzutage spannt man aber auch die Eltern - oder wen auch immer - vor den Pflug und lässt diese Jahrelang im Verkehr die Nerven samt guter Manieren wegschmeißen. Man nennt sowas dann „L17-Übungssfahrt“ und büßt als Ausbildner für mindestens 3.000 km am Beifahrersitz einen großen Teil seiner bisher angesammelten Sünden ab. Ich habe dieses Spektakel nun dreimal miterl

Sisyphus‘ Schwester. Die dritte Kugel.

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  Die dritte Kugel, die ich wie Sisyphus den Berg hinaufrollen muss und die offensichtlich nie dort ankommt, ist die lange Geschichte meines relativ neuen Autos. Es hat sich in den Kopf gesetzt, mir permanent zwei neue „Emojis“ zu zeigen: das Start-Stopp-System funktioniert nicht und die Motorkontrollleuchte stellt sich in hellem Lichte dar. Aber nicht immer. Nur manchmal – um es spannender zu machen. Und dann kann man nicht beschleunigen und die Emojis leuchten zur allgemeinen Freude greller als das restliche Display und lachen mich aus. Das Autohaus braucht bei jeder Begutachtung einen ganzen Werktag, um dann einen Fehler zu finden. Anschließend braucht es einen weiteren ganzen Werktag, an dem ein vermeintlich defektes Teil ausgetauscht wird. Und ja, es handelt sich in Summe bereits um eine ganze Woche, die ich ohne Auto verbrachte, abgespeist mit jeweils 2 Busfahrkarten, um in der Zwischenzeit nach Hause zu fahren und nicht wieder stundenlang vor der Merchandise-Vitrine warten zu

Sisyphus‘ Schwester. Die zweite Kugel.

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  Die zweite Kugel, die ich wie Sisyphus vor mich hin rolle und nicht und nicht auf den Berg rauf bekomme, sind meine Schuhe: Vor nicht ganz einem Jahr wurden mir orthopädische Schuhe genehmigt, d.h., es werden Leisten gemacht, der Schuh wird individuell an meinen Fuß und an meine Bedürfnisse angepasst und ich darf mir Farbe und Stil im Großen und Ganzen aussuchen. Kein Herumwursteln mit Einlagen mehr, keine Kalamitäten, weil der rechte Fuß 3 Schuhnummern kleiner als der linke ist, kein Theater mehr mit Überknöcheln. Soweit wieder einmal die Theorie. Und die Kugel beginnt zu rollen. Rückwärts, wohlbemerkt Zwar hatte ich bald einen Termin zum Eingipsen der Füße, um Leisten zu produzieren, dann aber kamen der Sommer, der Herbst und ein Zipferl vom Winter und geschehen ist folgendes: Nichts. Die Kugel wurde schwerer und schwerer. Ja, ok, es war Urlaubszeit und dann wieder Grippezeit und überhaupt hat der Schuhmachermeister mit Personalmangel zu kämpfen und keiner will mehr dieses Hand

Sisyphus‘ Schwester. Die erste Kugel.

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Kennt Ihr Sisyphus? Das ist der, der die Götter verärgert hat und eine riesige Kugel einen Berg hinaufschieben muss. Sie entgleitet ihm aber ständig und rollt zurück, und er muss immer wieder von vorne anfangen und kommt mit dieser Kugel nie oben an. Ich fühle mich mit diesem Typen momentan sehr verbunden. Ich glaube, wir sind verwandt. Geschwister möglicherweise. Ah ja! Und DREI Kugeln sind es momentan, die ich zu rollen habe – man gönnt sich ja sonst nix: Die erste fette Kugel, die auf den Berg hinaufwill, ist eine sanierte Wohnung, die ich vor ein paar Monaten übernommen habe. Sie ist grundsätzlich super: helle Räume, moderne Türen, weiße Wände, Infrarot-Heizung, schöne Küche, großzügiger Balkon, ruhig gelegen, nette Nachbarn. Soweit der erste Eindruck und die Theorie. In der Praxis ist es nun aber so, dass sich bei näherer Betrachtung die Infrarot-Heizung als unzulänglich für den kalten Winter erweist, die schöne weiße Eingangstüre entweder eine Ritze von einem halben Zenti