Sisyphus‘ Schwester. Die dritte Kugel.

 Die dritte Kugel, die ich wie Sisyphus den Berg hinaufrollen muss und die offensichtlich nie dort ankommt, ist die lange Geschichte meines relativ neuen Autos. Es hat sich in den Kopf gesetzt, mir permanent zwei neue „Emojis“ zu zeigen: das Start-Stopp-System funktioniert nicht und die Motorkontrollleuchte stellt sich in hellem Lichte dar. Aber nicht immer. Nur manchmal – um es spannender zu machen. Und dann kann man nicht beschleunigen und die Emojis leuchten zur allgemeinen Freude greller als das restliche Display und lachen mich aus.

Das Autohaus braucht bei jeder Begutachtung einen ganzen Werktag, um dann einen Fehler zu finden. Anschließend braucht es einen weiteren ganzen Werktag, an dem ein vermeintlich defektes Teil ausgetauscht wird. Und ja, es handelt sich in Summe bereits um eine ganze Woche, die ich ohne Auto verbrachte, abgespeist mit jeweils 2 Busfahrkarten, um in der Zwischenzeit nach Hause zu fahren und nicht wieder stundenlang vor der Merchandise-Vitrine warten zu müssen. Für ein Leihauto würden sie 25,-€ pro Tag verlangen, weil ich nicht die Top-Platin-VIP-Leckt’s-Mich-Alle-An-Meinem-Hängenden-Gesäß-Karte besitze. Hoch lebe die Mobilitätsgarantie dieses Unternehmens!

Sehr freundlich sind sie ja alle dort, keine Frage. Sie grüßen und lächeln und nicken verständnisvoll mit dem Kopf. Die Damen an den Kassen mit den Bus-Fahrkarten sind jung und hübsch und der Techniker, der den Wagen entgegennimmt stets höflich. Und auch sie kennen mich alle bereits beim Namen. Ja, ja, die bemühen sich eh. Aber es kommt halt nix raus dabei.

Die Kugel wird immer schwerer. Und rollt rückwärts.



Busfahren ist manchmal ja was Unterhaltliches. Mittlerweile kenne ich alle Verbindungen und Fahrrouten und kann differenzieren, wo man die Karte entwertet – da gibt es Unterschiede, jawohl! Manchmal muss man sich mit dem Chauffeur unterhalten, der dann akribisch eine Uhrzeit auf die Karte kritzelt, und manchmal wird man kaum beachtet und nur mit einem unfreundlichen Blick unter der dunkel verspiegelnden Sonnenbrille zum Automaten verwiesen, den ich meist erst erreiche, wenn der Bus schon losgefahren ist. Die Zentrifugalkraft verleiht mir dann mit meinen 3 Mistkugeln immer einen Extraspeed, mit dem ich schon so manche Pelzhaube oder Dauerwelle der sitzenden Fahrgäste durcheinandergewirbelt habe.

Und immer gibt es eine Riesenstufe zum Aussteigen. Obwohl die Busse alle ein System haben, bei dem sie auf Gehsteigniveau runtergeblasen werden können. Aber das ist offensichtlich an so kleinen Pimperlhaltestellen wie bei Autohäusern zu viel Arbeit. Und gehört auch nicht zur Mobilitätsgarantie. Schließlich sind die ja nicht dafür verantwortlich, dass die hinkende Lotta auch noch ihre Kugeln vor sich herschieben muss, wo sie auch ohne diese kaum das Gleichgewicht in fahrenden Gefährten halten kann.

Was noch auffällt: Auch wenn die Mechaniker seit Monaten immer einen anderen Fehler finden und scheinbar nie auf einen grünen Zweig kommen, wird mein Auto jedes Mal gewaschen. Jawohl, das ist wichtig. Außen hui, innen pfui. Immer schön oberflächlich bleiben. Das letzte Mal wurde es offensichtlich mit Motoröl geputzt. Es glänzte zwar im verregneten Winterwetter wie ein frisch poliertes Hutschpferd, aber das Glas war dermaßen fettig, dass die Scheibenwischer super fluffig ein Geschmiere von links nach rechts veranstalteten und ich bei Dunkelheit und Regen beinahe verunfallte und mich in Gedanken schon vor meinem Schöpfer sah. Der hätte schön geschaut, wenn ich mit allen drei Kugeln unverrichteter Dinge bei ihm auftauche.

Da fährt man dann fast lieber wieder Bus, erfreut sich an Techniker-Unterhosen und Silikon-Gebilden unter den Zehen und probiert es noch ein Weilchen, diese verfXXXXen Kugeln auf den Berg zu kriegen.

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