L17 - voll in Fahrt
Nun hab ich sie also herausgewuzelt, meine drei Kinder. Zumindest was das Autofahren betrifft. Die „L-Ausbildungsfahrten“ sind doch immer wieder das reinste Vergnügen und stärken die Nervenstränge – oder bewirken das Gegenteil, wie an mir ersichtlich…
Zu meiner
Zeit, also Neunzehnhundert-Kreisky, hat man sich höchstens 20 Stunden in ein
Fahrschulauto gesetzt, was ohnehin schon als Höchststrafe anzusehen war, und
nach einer unspektakulären Prüfung wurde man völlig unbedarft wieder
ausgewildert. Nicht dass ich diese Praxis von anno dazumal gutheißen würde, es
passierte und passiert ohnehin viel zu viel auf den Straßen.
Heutzutage spannt
man aber auch die Eltern - oder wen auch immer - vor den Pflug und lässt diese
Jahrelang im Verkehr die Nerven samt guter Manieren wegschmeißen. Man nennt sowas
dann „L17-Übungssfahrt“ und büßt als Ausbildner für mindestens 3.000 km am
Beifahrersitz einen großen Teil seiner bisher angesammelten Sünden ab.
Ich habe dieses
Spektakel nun dreimal miterlebt und dabei eines gelernt: beten. Anfangs setze
ich mich jedes Mal fröhlich mit dem Jungspund in den Wagen und wenn ich am End‘
aussteige, bin ich so spastisch, dass ich die Kurve zur Haustüre kaum mehr kratze
und mein erster Weg mich ins Bad zu einer Wanne voller heißem Wasser und zu
einer Tafel Schokolade als Entspannung führt. Als Fahranfänger hat man nämlich
die Angewohnheit, zu weit rechts am Straßenrand zu fahren und gelegentlich ein
paar Gehsteigkanten oder parkende Autos zu touchieren, welche Situation einen
als Beifahrer besonders eindrucksvoll beiwohnen lassen.
Oder Kurven,
steile, enge Kurven, in denen man im schlimmsten Fall noch stehen bleiben und
dem entgegenkommenden Fahrzeug Vorrang geben muss, sind eine besondere
Herausforderung. Dabei kralle ich mich immer an den seitlichen Haltegriffen
fest und krampfe mit den Zehen wie ein Klammeraffe, bis ich schließlich beim
letzten Kind feststellen musste, dass unser derzeitiges Auto gar keine Haltgriffe
mehr hat. Frage nicht, wo ich in Panik schon überall hingefuchtelt und virtuell
mitgebremst habe.
Ganz schlimm
wird die Sache aber, wenn der Nachwuchs meint, er könne bereits fahren und dem
noch nicht so ist. Dann wird eine Hand vom Lenkrad genommen und lässig ans
Fenster gelehnt, es wird auf der Autobahn ordentlich Gas gegeben, denn sie
wüssten ja eh alle, dass hier weit und breit kein Radar stünde oder es wird im
Ortsgebiet so dermaßen wenig Abstand gehalten, dass man dem Vordermann schon
ins Hinterteil starren kann. Beim Einparken sieht man sich bereits samt Vehikel
in der Auslage des Geschäftes stehen, die Leute auf dem Zebrastreifen als
Kühlerfigur am eigenen Wagen kleben, bei dunkelgrünen Ampeln wird noch ordentlich
Gas gegeben anstatt zu bremsen und dazu spielt meist eine schauerliche Musik
aus der Playlist des Fahrers. Was folgt, sind jedes Mal meine hysterischen
Schreie, die wiederum den Fahrenden erschrecken, was die Sache weder entspannt
noch bereinigt, wenn nicht verschlimmert. Oder ich singe lautstark mit der Playlist
mit und headbange, wenn ein anderes Auto neben uns fährt. Das mögen sie auch nicht,
die Kinderleins – da schämen sie sich dann ordentlich fremd.
Ich weiß
nicht, ob es am fortgeschrittenen Alter meinerseits, den damit einhergehenden reiferen
Erfahrungen oder bloß um übertriebene Vorsicht einer Midlife-Crisis-Lady
handelt – ich bin auf jeden Fall froh, dass nun alle drei den Schein haben und
ich mich als Beifahrer wieder ordentlich ansaufen darf.
Epilog:
Ihr habt das
gut gemacht, meine lieben Kinder! Ich wünsche euch allzeit Spaß am Fahren und
keinerlei Verletzungen bei euch oder anderen. Sollte dennoch was passieren, mögt
euch dessen bewusst sein, dass man jegliches Blech reparieren oder austauschen
kann, jegliche Mängel an materiellen Dingen zu putzen, erneuern oder ersetzen sind
und dies nichts ist, was es wert ist zu verzweifeln.
Wo immer euch
die vier Räder hinführen, habt es gut, meine Lieben!
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