Shopping Queen(s and Kings)

Kandidaten:


Kandidat 1: männlich, Teenager, reifere Ausgabe, Fleisch und Blut von Hinkelotta, Prototyp 1

Kandidat 2: weiblich, Teenager in Höchstform, Sandwich-Kind aus dem Hause Hinkelotta

Kandidat 3: männlich, dem Kindchenschema entwachsen, dritter Spross von Hinkelotta

Kandidat 4: weiblich (– man glaubt es anhand des Shoppingverhaltens kaum!), Hinkelotta höchstselbst.

….und Guido, Guido ist ja da immer irgendwie dabei.

Die Show beginnt - Kandidat 1 wirft sich in Getümmel:


Besonders mit meinem Großen sind Shopping Touren ein Erlebnis: Er betritt das Geschäft und steuert zielsicher auf den ersten Gewandständer zu, ohne sich zuerst einen Überblick über das gesamte Angebot zu verschaffen und krallt sich an diesem fest: T-Shirts. Ca 34 Stück hängen da von einer einzigen Farbe und Fasson, in sämtlichen Größen. Er schaut sich begeistert jedes einzelne extra an und scheint sehr interessiert daran zu sein, hat jedoch augenscheinlich keine Ahnung, was er da tut, tut dies aber mit höchster Akribie.

Ich stehe ihm ein wenig zur Seite, will ihn aber weder bevormunden, noch ihm meinen veralteten Modegeschmack aufdrängen, weshalb er es nach einer halben Ewigkeit schafft, ein paar Fetzen in die Umkleidekabine zu tragen, wo aber die Sache erst so richtig losgeht: da werden dann die Kleiderbügel und die dort achtlos platzierten Gewänder von der gesamten Kundschaft des letzten Vormittags geordnet bzw. nachgeforscht, welcher zu welchem Stück gehört. Das kann dauern. Danach kommt es zu einer ersten Anprobe. Das Leiberl hängt an ihm wie ein Kartoffelsack – er ist hellauf begeistert. Ich suche ihm währenddessen im Geschäft noch ein paar Hosen zusammen, man kann ja schließlich nicht unten ohne auf den Laufsteg. Was würde Guido dazu sagen!? Eine der Hosen passt dann wohl auch – mehr schlecht als recht, aber mein Großer ist damit zufrieden. Ich habe mir inzwischen auch abgewöhnt, den Buben in der Umkleide die Hosen so richtig über den Nabel in die Höhe zu ziehen, da ich aus Erfahrung und deren Reaktion in jungen Jahren weiß, dass es nicht unbedingt zu den Freuden eines Burschen gehört, wenn einem die Mama die Testikel mit einem unsanften Ruck in den Jeanszwickel klemmt. Ich bin ja lernwillig. Und man hofft ja schließlich auch irgendwann auf Enkelkinder…

Auf dem Kassapult wird nochmals alles zusammengelegt, in die Hand genommen und geordnet, dann sind die Räumungsarbeiten im ersten Geschäft erledigt.

Nächster Stopp: der Frisör – umgezogen in den neuen Konsumtempel, wo man sich coram publico jetzt die Zoten kürzen lassen kann, während einem die anderen mit den Wurstsemmeln in der Hand zusehen. Meinen sonst eher zurückhaltenden Sohn stört dies scheinbar wenig, denn als ihn eine äußerst junge, äußerst attraktive Frisörin auf ihren Hocker bittet, geht er förmlich auf vor Freude. Er gibt ihr die Hand, stellt sich mit Namen vor – was bei diesem Friseur scheinbar so üblich ist - lacht, scherzt, spricht über Frisuren, sieht sich mit der heißen Lady mit ihren Schmolllippen und langen schwarzen Haaren die Frisurenhefte an, ohne sich hilfesuchend an mich zu wenden und erzählt in nettester, unterhaltsamster Weise von seinem Alltag, was er bei mir oft nur mit einem tiefen Murren quittiert. Ich traue meinen Augen und Ohren nicht – und scheine hier überflüssig zu sein.

Frau Figaro beginnt ihr Werk nach Absprache und ich bin in der Zwischenzeit etwas beunruhigt, da die nette Kleine meinem Sohn einen deutschen Ende-30er Jahre Schnitt verpasst – harrrrrgenau mein Stil. Ich muss ruhig bleiben, nur nicht einmischen. Die wird schon wissen, was sie macht. Schließlich kratzt das nette Mädchen dann doch noch die Kurve und verwandelt zumindest meines Sohnes Hinterkopf in einen 2018er Jahr-Schnitt…

Bilanz: 1 T-Shirt und 1 Jeans gekauft, 1 Kabine aufgeräumt, stylischer Kurzhaarschnitt aus diesem oder vielleicht etwa doch vorigen Jahrhundert, summa summarum: 76,30 €, Zeitaufwand: 2 Stunden, 05 Minuten. Was wird wohl Guido dazu sagen?



Kandidat 2: Mein Sandwich (weiblich)


Shopping macht Freude, ja! Meine Tochter piesackt mich schon seit geraumer Zeit, mit ihr doch wieder mal einkaufen zu gehen: keine Hose hätte sie mehr, keinen ordentlichen Pulli, und den 3 Jacken, die sie für den Frühling hat, erkennt sie ihren Jackenstatus ab und bezeichnet jene plötzlich als „Westen“. Außerdem liege es mit ihren Haaren ganz im Argen, von Schuhen und Handtasche wolle man gar nicht sprechen.

Es geht also los, wir begeben uns ins Einkaufszentrum – natürlich nicht per Veloziped, sondern mit dem Auto, man ist ja schließlich von seinen täglichen Alltagsaufgaben schon erschöpft genug und wird sicher auch schwer zu schleppen haben: in einem Affenzahn jagen wir zielsicher von einem Geschäft ins nächste, schon beim Eingang wird mittels unsichtbarem weiblichen Scan die Lage durchgecheckt und genauestens erkannt, auf welchem Kleiderständer sich welche Klamotten und Accessoires befinden, es wird siegessicher das richtige Teil herausgefischt und mit einem Riesenpinkel, den mein schmalpicktes Töchterchen kaum tragen kann, in einem unfassbaren Tempo in der Umkleide verschwunden und ebenso schnell wieder verlassen. 3 Sachen passen, der Rest kommt auf die allgemeine Ablagestange, um die sich dann wohl die Verkäuferinnen werden kümmern müssen. Oder Kandidat 1 – falls er je wieder ein Geschäft betritt.

Ab in den nächsten Laden. Da ich der Sache kaum folgen kann, verliere ich den Überblick und bin bei Fragen in Sachen Mode überhaupt ein schlechter Ratgeber: ich erkenne zwischen den verschiedenen Jackenmodellen keinen Unterschied, die Pullis sehen alle gleich aus und die Hosen haben Löcher. Riesige Löcher. Ich weiß, das ist jetzt in, jetzt will ich mich auch nicht so aufregen darüber wie früher die vermeintlich alten Leute in MEINER Jugend. Ich möcht’s nur einmal gesagt haben: sie haben Riesenlöcher. Das ganze Knie schaut raus. Schon beim Stehen. Vom Sitzen gar nicht zu reden. Ich sag aber nichts und folge meinem Töchterchen in den nächsten Shop: Haarutensilien – ein Lockenstab mit 7 Aufsätzen muss her, und die Original-Haarbänder von irgendeiner amerikanischen Firma, dazu 3 Gels, Haarspray und was weiß ich was noch für ein Zeug, von dem ich noch nie in meinem Leben etwas gehört habe: Foundation, Concealer, Camouflage, Naked Flush und Orgasm Blush. Mir wird mulmig. Die hat gerade mal ihre Schulpflicht hinter sich und hantiert offensichtlich mit Orgasmen wie eine Große! Ich stelle keine einzige Frage und freue mich, dass sich mein Shopping-Card-Bonus wieder um einiges erhöht hat. Man hat ja sonst nicht viele Höhepunkte…


Bei jedem Spiegel, den wir passieren, starrt Tochter hinein, macht ein Schmollmündchen, zieht die Augenbrauen hoch und richtet sich ihre vermeintlich ach so schlechtsitzende Frisur. Ich bin inzwischen fertiggefahren: habe Kreuzschmerzen, dass ich kaum noch stehen kann, muss auf die Toilette und weiß nicht mehr, wo ich die Einkaufssackerl halten soll, so viele sind es schon.

Irgendwann dann das erlösende Wort: „So, jetzt samma fertig!“ Ich kann es kaum fassen. Resümee: Gefühlte 342 Geschäfte in gefühlten 7 Stunden, 300 Hosen ohne Knie gekauft mit 124 dazu passenden Jacken, die sich alle ähneln und das Ganze um gefühlte 143.768 €. Was für ein Vergnügen!

Guido wird seine helle Freude haben!



Kandidat 3, (männlich, das Nesthäkchen):


Shopping ist nicht. Der trägt die Sachen vom Großen auf; eh nicht von IHR, von IHM! – step by step, Jahr für Jahr.

Jetzt ist Guido böse. Aber sowas von.



Kandidat 4 (auch weiblich, man möchte es gar nicht vermuten) Hinkelotta höchstselbst


Es ist ja grundsätzlich so, dass ich keinen null-Acht-Fünfzehn-Körper habe. Ich bin für die Durchschnittsfrau zu groß, meine Leibesmitte übertrumpft den Durchschnitts-Wanst um einiges – Marke Waschbär – und in Relation dazu habe ich Extremitäten wie ein 17-jähriges Topmodel. Außerdem, als ob das nicht schon reichen würde, habe ich Füße, die sich um 2 Schuhgrößen voneinander unterscheiden, was jeden Schuhkauf zu einem Höllentrip werden lässt. Von meinen Koordinationsschwierigkeiten beim Gehen mal ganz abgesehen. Aber manchmal zwingt das Leben selbst mich in irgendeinen Shopping-Tempel einzukehren. Zuvor muss ich jedoch noch die wirklich wichtigen Dinge erledigen – und ja! Ich weiß, das nennt man Prokrastination… Aber ich schaue noch schnell bei einem Arzt vorbei, um mir ein längst fälliges Rezept für eine Darmreinigung vor einer Koloskopie zu holen, biege kurz bei der Krankenkasse ein, um dort den Kostenrückerstattungsantrag für meine Physiotherapien einzureichen und gehe dann noch in die Apotheke, um besagtes Rezept einzulösen. Man muss die Sache mit dem Outfit-Shoppen ja nicht so überstürzen. In meinem Rucksack habe ich außerdem 5 leere Flaschen, 3 Aluminium-Dosen und ein ganzes Packerl mit den Resten von Clooney-Kaffeekapseln, die ich sofort beim Elektrodiscounter entsorge. Anschließend entwickle ich mit einem mitgebrachten Stick 5 Fotos und werfe endlich die Flaschen und die Dosen in einen Container vor dem Konsumtempel. Nun ist mein Rucksack leer und ich habe keine Ausrede mehr, mich meinem Shopping-Trip zu widmen. Mist.

Das erste Geschäft wird tapfer angesteuert, ein T-Shirt-Kauf wäre angebracht, auch ein Höschen wär‘ mal wieder auf dem Plan, weshalb ich mir gleich einen Überblick über die gesamte Kollektion verschaffe und feststelle, dass die Kleidung hier für 13-jährige Magermodels geschnitten sein dürfte, denn 95% der Ware kann ich getrost links liegen lassen. 3 T-Shirts ergattere ich, auch 2 Hosen, die ich in die Umkleide schleppe, anprobiere und des Weiteren feststellen muss, dass die Hosen beim nächsten Hochwasser getragen werden könnten und die Leiberl mich so formen, dass man mir nach spätestens 3 Minuten in der Öffentlichkeit zum 4. Kind gratulieren würde…Und so schlecht schauen meine alten Sachen ja gar nicht aus, vielleicht brauch ich gar nichts Neues, konstatiere ich in der Kabine, als ich wieder in diese hineinschlüpfe! Diese Tatsache wird mir von einem exotischen Zeitungsverkäufer bestätigt, der mich freundlich vor dem Geschäft grüßt und nachruft: „schöne Weste!“ Dass ich keine Weste anhabe, sondern es sich um den einzigen Mantel meinerseits handelt, sei nur am Rande erwähnt und ändert nichts an meiner sinkenden Laune, noch weiter nach neuem Gewand Ausschau zu halten. Außerdem muss ich noch auf die Bank und in einen Drogeriemarkt, Geld und Zahnbürsten sind alle und diese Anprobiererei hält mich nur von den wirklich wichtigen Dingen im Leben ab.

Vorbei an einem Schuhgeschäft, plagt mich schon wieder das schlechte Gewissen. Irgendwie sollte ich da heute durch, ich sollte mir wirklich mal was Neues kaufen…. Na gut, dann werf ich eben einen Blick rein: High heels, Ballerinas, Sandalchen, Flip-Flops, Convex - was weiß ich, was das alles ist und wie die alle heißen, ich lasse die Schuhreihen eine nach der anderen hinter mir und komme am Ende des Geschäfts bei den Modellen für die reifere Lady an, sprich: Schnürschuhe in dezentem Braun-grau-schwarz, in sich gemustert, zeitlos. Apropos Zeit: welch‘ eine Vergeudung! Pure Lebenszeit verschwende ich hier. Was könnte ich dieser Zeit nicht alles machen? Zum Beispiel Klositzen für meine bevorstehende Koloskopie… Ok, ok, dann probier ich eben das passabelste Ding einmal an: Ich wurstle meine aktuellen orthopädischen Einlagen aus meinem einzigen Paar Schuhe, das ich besitze, heraus, bemerke, dass sich unzählige Lurchfetzen angesammelt haben und stopfe sie nichtsdestotrotz mit schamrotem Kopf in die von mir auserwählten Quadratlatschen. Enge Sache, sehr eng. Komm nicht mal mit der Hand richtig rein, von meinen Füßen ganz zu schweigen. Deshalb probier ich’s mal mit dem rechten Fuß, der ja mein kleinerer ist. Ufff… Nochmal gutgegangen. Das würde passen. Die Geschichte endet allerdings mit der Anprobe des linken Schuhes äußerst rasch und ich verlasse samt neuerlich gewechselter Lurcheinlagen so schnell das Geschäft, dass ich selber über meine Kondition erstaunt bin. Die Prothese hält. Das muss ich mal meinem Orthopäden erzählen.

Außerdem hab ich ohnehin noch anderes zu erledigen: Ich brauch noch Blumendünger und Lebensmittel und werde mal im Kartenbüro vorbeischauen und mir das Kabarett- und Theaterprogramm für die nächste Saison holen. Dort wird mir ein ziemlich großer Spiegel zum Verhängnis: ein Blick hinein sagt mir, ich sollte mich jetzt wirklich am Riemen reißen und doch noch nach neuer Kleidung Ausschau halten. Ich muss da jetzt durch. Diese Aufschieberei bringt mich nicht voran. Ich vergesse kurz meinen Hobby-Vegetarismus und kaufe mir in der Fleischerei 3 Extrawurstsemmeln mit Gurkerl, da ich inzwischen bereits kurz vor dem energetischen Zusammenbruch stehe. Gebe aber fairerweise einem zweiten Kleider-Geschäft mit netten Schaufensterpuppen, denen die Klamotten wie angegossen passen, noch eine letzte Chance: aber leider haben wir hier dasselbe Prozedere: 2, 3 Leiberl probiere ich an, eines ist zu bieder, eines ist zu jugendlich und das letzte klebt an mir wie am Michelin-Männchen – verdammt! Ich könnte mir doch das Entleerungsmittel für die Darmspiegelung sofort einverleiben und hier im Geschäft die Bombe hochgehen lassen - das würde mich vorm weiteren Einkauf entschuldigen. Reiß di zamm, Chrisserl!

Ich sehe mich weiter um und gebe die Hand wieder aus meinem Rucksack, worin ich bereits das Darmreinigungsmittel fest umklammert halte. Fetzen, Klamotten, Stoffhaufen, …. Haargummis haben die hier schöne! Ach, wie bin ich doch froh, dieses Geschäft entdeckt zu haben… Haargummis! 25 Stück um 3,99€. Was für ein Preis! Und die brauch ich gar nicht lange anzuprobieren. Die passen. Schließlich benötige ich für meine Kolo ja einen hübschen Haargummi, wie sieht das denn sonst aus mit meinen langen Zoten? Ich bin beruhigt und beschließe nach dieser Shopping-Tortur, meinen Untersuchungstermin als Belohnung vorverlegen zu lassen.

Resümee: 2 Stunden, 23 Minuten geshoppt, 3,99 € ausgegeben und zur Erkenntnis gelangt, dass selbst die schwarze Mamba im Allerwertesten nicht so schlimm sein kann wie shoppen zu gehen. Guido wird bei meiner Kolo wohl nicht dabei sein wollen….

Und auch die Laufsteg-Auftritte konnten wegen akuter Diarrhö nicht stattfinden. Sch… drauf!

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