Schräg, aber knackig
Ich befinde mich ja immer irgendwie in Schräglage. Ich gehe, stehe und liege schräg, parke das Auto jedes Mal schief ein, obwohl ich glaube, dass es kerzengerade ist, und sämtliche Bilder in meiner Wohnung hängen mit einem Linksdrall an den Wänden. Auch die kleinen Teppiche wie Bettvorleger oder Klountersetzer zeigen ulkig in irgendeine Richtung – nur nicht in die richtige. Ich schieb sie meiner Meinung nach gerade, meine Kinder schieben sie zurück, ich hänge die Bilder punktgenau auf, meine Freunde zucken aus bei diesem Anblick und drehen sie oft heimlich an der Wand, während ich z. B. am WC bin (und gerade den Klountersetzer herumwirble…). Manchmal kommt mir vor, sogar meine Pflanzen wachsen irgendwie schräg, nur um sich mir anzupassen.
Das
ist alles nichts Neues. Aber seit kurzem kommen auch noch unfassbare
Knackgeräusche, ein seltsames Blubbern und oft regelmäßiges Klopfen bei jeder
meiner kleinsten Bewegungen dazu, die für weiteres Aufsehen sorgen. Die
Schräglage fordert ihren Tribut.
Die
Hüfte, die Knie und die Schulter krachen eh schon lange vor sich hin, neu hinzu
gekommen ist jetzt die Wirbelsäule. Und die macht schauderbare Geräusche – zum
Fürchten. Nicht jeder kann damit umgehen oder diese richtig einordnen.
In
der Küche etwa: wenn ich länger stehe und vor mich hin schnipsle, beginnt nach
einiger Zeit das Kreuz äußerst seltsam zu knacken, es hört sich an, als ob man
eine Noppenfolie zerdrückt. Die Noppenfolien-Zerdrück-Freaks unter meinen
Kindern sind begeistert. „Wo hast denn die Folie, Mama? Darf ICH sie fertig zerdrücken,
biiiiitte!“
Oder
beim Yoga: ein kleiner Kellerraum im Herzen der Volkshochschule, voll gespickt
mit Heizungsrohren am Plafond. Bei der Pada Hastasana (stehende Vorwärtsbeuge)
höre das Klopfen nur ich, in der Bhujangasana (Cobra) beginnen die anderen den
Kopf zu schütteln und spätestens beim Halasana (Pflug) verständigt die
Kursleiterin den Volkshochschuldirektor, damit der wiederum einen
Servicetechniker für die Wartung der Heizung des gesamten Gebäudes mobilisiert,
da angeblich die Heizungsrohre „gefährliche und besorgniserregende Geräusche“
von sich geben.
Wenn
ich mich an der Kassa anstelle und die Ware vom Wagerl auf das Fließband lege,
schaut die ganze Schlange am Handy nach, ob sie eine Nachricht bekommen hat,
weil plötzlich vermeintliche „Bubble“-Benachrichtigungstöne erklingen, und wenn
ich gemütlich mit Freunden am Tisch sitze und am Sessel die Position wechsle,
wird gefragt, ob denn der Specht schon wieder bei unseren Häusern aufgetaucht
sei und man den Kammerjäger zu holen hätte.
Steige
ich vom Rad, bieten mir handwerklich affine Männer an, das Tretlager zu
tauschen und den Steuersatz einzustellen, gehe ich im Garten herum und bücke mich
zum Unkrautzupfen, fragen mich die Nachbarn, ob diese Geräusche aus der neuen
Marderfalle kämen und wo auch sie eine solche kostengünstig herbekämen, und meine
Mutter lässt jetzt den alten Parkettboden richten, weil er angeblich – seit ich
darüber gelaufen bin – knarrt.
Jetzt
sind alle beschäftigt.
Nichts
zu danken. I like to entertain you.
Wieder mal eine köstliche Geschichte zum mehr als Schmunzeln! Wie dir sowas immer wieder einfällt! You made my day! 👍😊
AntwortenLöschenChristine - das ist wieder einmal eine kôstliche Geschichte von dir - danke du erhellst meinen Sonntag 😀😀
AntwortenLöschenGute Unterhaltung in meiner Pause!
AntwortenLöschenIch danke für die netten Kommentare, freut mich sehr! :-) Die hinkende Lotta
AntwortenLöschenEine tolle Geschichte und toll geschrieben. Man kann sich bildlich vorstellen und sich in die Szenerie reinversetzen, wie man am Fließband und aufs Handy schaut. Die Emotionen und Atmosphäre ist gut transportiert.
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