Sachen gibt's...!
Ich habe einen Termin im Autohaus. Mein relativ neuer Schlitten muckt all zu früh mit Problemen auf: die Abgasausscheidung sei gestört, gibt er mir ohne Umschweife schon länger bekannt. Das kenn ich, das hab ich auch öfters. Wie’s Herrl so s’Gerrschl… Deshalb bringe ich ihn zum Onkel Doktor.
Bereits sein Assistent eröffnet mir mit permanentem Kopfschütteln, dass dies eine längere Sache werden würde, man müsse sich die gesamte Elektronik zu Gemüte führen und alles untersuchen. Er könne mir keinerlei Zeit in Aussicht stellen, in der ich meinen Patienten wieder zurückbekäme.
Nun denn. So
beginne ich die Wartezeit mal direkt im Autohaus, die Hoffnung stirbt ja
zuletzt. Und im Notfall muss ich mit dem Bus heim. Aber vorher vertreibe ich
mir die Zeit noch auf einem kalten Plastiksessel in der riesigen Halle. Links
und rechts sind Schalter, aber das nennt man ja heutzutage nicht mehr so: front
offices, back offices, desks oder was weiß ich für ein Kram. Auf jeden Fall
sitzen dort offensichtlich seit den dunklen Morgenstunden Mitarbeiter:innen und
wühlen in der Arbeit. Besonders der Herr von den Schadensmeldungen dürfte an
seinem Stuhl angeklebt sein – ohne dass es sich ausgewiesen um einen
Klimaaktivisten handeln würde. Er rührt sich in den 2 Stunden, die ich ihn
beobachtete, keinen Millimeter, schiebt Papiere hin und her und starrt oder
hämmert in seine Tastatur.
Da geht es
mir vergleichsweise gut, ich sitze bloß auf einem ungemütlichen Stuhl, der mir
zwar direkt proportional zur dahintröpfelnden Zeit immer mehr Verspannungen beschert,
aber ich habe wenigstens den Kopf vor lauter Langeweile frei, um mir mal das
ganze Merchandise-Zeugs in dieser Halle näher anzusehen. Und ich traue meinen
Augen nicht. Es gibt einfach alles mit dem Logo meiner Automarke drauf. Alles:
Ein Poloshirt
für den Mann von Welt
Stick und Zollstab
für wenig Geld.
Fürs
schütt’re Haar ein Kapperl
Eine
Zahncreme fürs schöne Papperl
Fürs Weiberl
gibt’s den Keksausstecher
und gegen
Wallungen einen Fächer
Eine Uhr fürs
schöne Händchen
Einen Kaffee
im Markenkännchen
„made aus Reifen“
eine Tasche
Und ein
Raumspray in der Flasche
Schirm und
Brille gegen‘s Wetter
Slip und
Kondome für etwas später
Thermoskanne
für‘n Coffee to go
Eine
Yogamatte für’n besseren Flow
Jausenbox und
Ladekabel
Auch ein
Häferl mit einem Schnabel
Feuchtes Tuch
und Taschenmesser
Motoröl gegen
die Hautmitesser
Maske, Gürtel
und Kalender
Stempelkissen,
Notenständer
Taucherbrille,
Kulli, Schnuller
Wos is’n deis
ois für a Huller?
Es wird immer
später, die Leute rennen hin und her, dazwischen ein Geklingel und Gebimmel,
ein Gemurmel und Gescheppere. Hier wird es mir bald zu bunt. Außerdem kann ich
mich eh kaum noch rühren vor Steifheit. Von der Lösung meines Abgasproblems
noch immer weit entfernt, beschließe ich, ins nahegelegene Lebensmittelgeschäft
zu gehen und mir ein Jauserl zu kaufen. Ist ja schon immerhin ein paar Stunden
her, seit ich das letzte Mal was zwischen meinen Beißerchen hatte.
Aber auch
dort erwartet mich gar Seltsames und ja! – ich interessiere mich sonst nicht
wirklich für jede Neuerung, die auf dem Markt ist, das stimmt. Normalerweise
geht mir das an meinem hängenden Gesäß vorbei. Nicht aber heute:
In einem
Sackerl stehen Frittaten,
was
„Muhammara“ ist, kann ich nur raten.
Eine Ente
gibt’s im Becher
…und mir in
der Brust an Stecher.
Chips sind
jetzt aus Trüffel
Der Käs kommt
von an Büffel.
Die „little
Marokko Suppe“
Schmeckt der
modernen Puppe.
Schoko gelb
mit butternut
plus 2 Markerl
für’n Rabatt
Der Kern aus Salz
und Karamell
Flohsamen
drüber – aber schnell!
Der Nudel-Speck-Kartoffel-Snack
Löst im Magen
aus an Schreck
Knabbersoja,
Matzenfladen
Jetzt renn i
raus aus diesem Laden!
Ich habe für
heute genug gesehen, gelesen und in meinem Kopfkino erlebt. Will ich mir das
alles antun? Gott sei Dank kommt bald der erlösende Anruf vom Autohaus, dass der
Wagen fertig inspiziert sei. Leider aber noch lange nicht repariert. Ein Filter
sei dahin und müsse aus Hinterzipfelspatschen bestellt werden.
Ich schnappe
mein Wagerl, kaufe und konsumiere ganz sicher kein einziges Produkt, das ich heute
entdeckt habe und bin so schnell weg, wie der noch immer am Sessel klebende
Schadensmeldungsaktivist gar nicht schauen kann.
Es geht also
weiter mit den Abgasproblemen. Auch beim Auto.
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