Werbung wirkt
Ein paar Freunde sind bei mir
eingeladen. Man isst sich die Hucke voll, trinkt so vor sich hin, genießt das
eine oder andere Achterl über den Durst, und hört dabei Musik. Ein entspannter
Abend. Glaubt man. Musik kommt aus dem ichtube-Kanal, dort kann man sich
beliebige Playlists gratis gestalten, die Video-Clips dazu ansehen und einfach
gute Musik hören. Kleines Hinkebein (außer mir): die WERBUNG. Sie ist auf den
Suchverlauf des Users abgestimmt und wird dazwischen, davor und danach
eingespielt. Unbarmherzig. Richtig unbarmherzig.
Und so kommt es, dass wir zu „Lady
Gaga“ bereits ausgeflippt schunkeln und deren Elastizität und stramme
Körperbeherrschung bewundern, während sie sich mit ihrem „Alessandro“ im
Bettchen vergnügt. Plötzlich aber wird der Song unterbrochen und eine ältere
Dame raunzt aus dem Kanal: „Mit Ihrem Alter leiden Sie sicher auch unter
Scheidentrockenheit?“ Jo LeckFettn, das kann doch jetzt nicht wahr sein. Wie
kommen die auf sowas? Das war ich nicht. Das hab ich niemals in mein
Suchprogramm eingegeben. Ich schwörrrrrre!
Der nächste Interpret ist „Queen“
mit „another one bites the dust“, hoffentlich kommt jetzt nicht schon wieder
eine Unterbrechung, schießt es mir durch mein perplexes Köpferl, doch ich gebe
mich locker und singe lauthals mit. Das Unvermeidbare lässt allerdings nicht
lange auf sich warten: „Haben auch Sie schmerzempfindliche Zähne, ein blutendes
Zahnfleisch und Mundgeruch, dann kommen Sie in unsere Zahnklinik nach
Hegeschalyoönomony?“ Geh reis o! Das kann doch nicht sein, das war ich nicht, auch
danach hab ich niemals gesucht. Ich schwörrrrrre!
Meine Freunde lachen und starten
das nächste Lied, indem sie mir die Maus und somit die Kontrolle entziehen.
Jetzt geht der Spaß erst richtig los. Offensichtlich derzeit auf meine Kosten.
„Männer sind Schweine“ dröhnt es aus einer Box, na immerhin wird auch noch wer
anderer außer mir durch den Kakao gezogen. „….sie wollen alle nur das eine…“
Daraufhin eine Stimme aus der anderen Box: „Leiden Sie unter ständigem
Harndrang und klappt’s nicht mehr so im Bett? Prostagutt forte. Weniger müssen
müssen. Schont die Sexualfunktion.“ Fuck! Das kann doch nicht sein, das war ich
nicht, das hab ich in keine Suchmaschine dieser Welt eingegeben. Ich
schwörrrrrre!
Was soll ich noch weiter
erzählen? Bei Hannah und ihrem „aussa mit de Depf“ wird ein Kochrezept für Käsespätzle
vorgestellt – als ob ich die nicht könnte!,
bei Bausas „gib mir mehr von dem, was du Liebe nennst“, will man mir
einen Kredit andrehen, bei Abbas „dancing queen“ sollte ich einen neuen
Parkettboden kaufen und bei Seiler und Speers „Herr Inspektor“ zählt man mir
die nächstgelegenen Justizanstalten samt Bushaltestellen auf.
Das kann doch nicht sein, das war
ich nicht, das hab ich alles niemals gesucht. Ich schwörrrrre!
Jetzt ist auch die Laune der
anderen gesunken. Ja, kann man denn nicht mal mehr in Ruhe Musik hören? Es
folgen Tipps für Yogabekleidung, Hornhautraspeln, Partnersuche, griechische
Reiseziele, Scheidungsanwälte, sanfte Haarentfernung im Intimbereich, Mosaikgestaltungen, Badsanierungen,
Faltenstraffung, Rotwein-Angebote und ein alter Plattenspieler ist bei einem privaten Flohmarkt im Angebot. Mir reicht’s. Den kauf ich mir! Denn nach dem unnötig angebotenen
restlichen Kram hab ich niemals gesucht…
….zumindest das mit der Prostata
war ich wirklich nicht – ich schwörrrrrrre!
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